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Aufwand, der sich lohnt: Take-Aways von der Fachtagung zum „Kommunalen Nachhaltigkeitshaushalt“

Wie die Umsetzung eines kommunalen Nachhaltigkeitshaushalt gelingen kann, diskutierten wir am 18. November 2024 auf einer digitalen Fachtagung. Learnings aus Anwenderkommunen und Take-Aways der Diskussionen und Präsentationen stellen wir hier zusammen.

Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet. Den Mitschnitt finden Sie hier.

Kaum eine Kommune in Deutschland kämpft nicht mit knapp bemessenen Finanzmitteln. Bei dieser schmalen Ressourcenlage eine Nachhaltige Entwicklung erfolgreich umzusetzen ist eine große Herausforderung. Ihre Bewältigung bedarf einerseits einem Umdenken, um Nachhaltigkeit nicht mehr als Add-On wahrzunehmen, und andererseits einer strategischen Vorgehensweise. Hier hilft ein Nachhaltigkeitshaushalt, welches Nachhaltigkeitsziele mit dem kommunalen Haushalt verknüpft und so eine wirkungsorientierte Steuerung ermöglicht.

Auf der digitalen Fachkonferenz informierten sich über 130 Teilnehmende aus ganz Deutschland darüber, wie dieses Instrument des kommunalen Nachhaltigkeitsmanagements bestmöglich angewendet werden kann.

Einordnung: Was macht einen Nachhaltigkeitshaushalt aus?

Hierzu gab Dr. Klaus Reuter, geschäftsführender Vorstand der LAG 21 NRW, eingangs eine Einordnung verschiedener Modelle und Ansätze zur Verankerung von Nachhaltigkeit im Haushalt und setzte den Nachhaltigkeitshaushalt in den Kontext eines strategischen Nachhaltigkeitsmanagements.

Das von der LAG 21 NRW und KPMG entwickelte Klassifizierungsschema differenziert fünf Dimensionen zur Ableitung von Entwicklungsstufen. Diese Entwicklungsstufen reichen von der Zuordnung, Verknüpfung, Verankerung kommunaler Ziele, bis hin zur Verankerung von kommunalen Zielsystemen und dem wirkungsorientierten Nachhaltigkeitshaushalt. Jede dieser Stufen beinhaltet verschiedene Anwendungsmöglichkeiten, die Dr. Reuter in Kürze vorstellte. Hintergründe zum erläuterten Schema hier.

Gleichzeitig brauche es auch breitere, strukturelle Anpassungen, um Kommunen bestmöglich zu befähigen, ihre zahlreichen Aufgaben für eine sozial-ökologische Transformation umzusetzen – etwa durch die Einrichtung von Transformationsfonds statt ständiger Förderschleifen, einer Lösung der Altschuldenproblematik und einer Reform von Gemeindefinanzen. Dazu zitierte Dr. Reuter das jüngst erschienene Jahresgutachten des Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage: „Zukunftsorientierte öffentliche Ausgaben müssen besser priorisiert und verbindlicher festgeschrieben werden.“

Einblicke: Erkenntnisse aus dem Modellprojekt in Bonn

Anschließend stellten Verena Schwarte und Rani Noteborn von der Bundesstadt Bonn das Vorgehen und die Erkenntnisse vor, die die Stadt in anderthalb Jahren Projektarbeit zur Einführung eines Nachhaltigkeitshaushaltes über den gesamten Haushalt sammeln konnte.

Wichtige Schritte der Stadt waren die Analyse der eigenen Zielsetzungen insbesondere aus der Bonner Nachhaltigkeitsstrategie und politischen Beschlüssen als Grundlage für das zu erarbeitende Zielsystem. Daraus abgeleitet bzw. erarbeitet wurden strategische Wirkungsziele für Produktgruppen sowie operative Ziele mit Kennzahlen und Maßnahmen. Zudem wurden Stammdatenstrukturen der Kosten- und Leistungsrechnung zum Nachweis der strategischen und operativen Teilergebnispläne angepasst.

Als essenzielle Learnings formulierten die Vertreterinnen aus Bonn, dass die Unterstützung der Führungsebene essentiell und der Erarbeitungsprozess im Rahmen der Bonner Vorgehensweise arbeitsaufwändig sei. Als kontinuierlicher Lernprozess bieten sich große Chancen, um Nachhaltigkeit auch über die üblichen Akteur*innen hinaus in die Breite der Verwaltung zu bringen. Der Nutzen der Haushaltsumstellung werde mittel- bis langfristig sichtbar.

Praxiserfahrungen: Talk mit Anwenderkommunen

Bürgermeister Mario Hecker und Stadtkämmerer Michael Schütte

Weitere Erfahrungen aus der praktischen Umsetzung eines Nachhaltigkeitshaushaltes diskutierten der Bonner Amtsleiter der Stadtkämmerei Michael Schütte und Bürgermeister Mario Hecker (Gemeinde Kalletal), der aktuell im Projekt „Prozesskette Nachhaltigkeit NRW“ einen Nachhaltigkeitshaushalt umsetzt.

Beide waren sich einige, dass jetzt genau der richtige Zeitpunkt ist, um in die wirkungsorientierte Steuerung einzusteigen – da die Bewältigung der Transformationsaufgaben sowieso unausweichlich werde. Wichtig war für beide, kritische Personen in der Stadtverwaltung einzubeziehen und zu überzeugen. Dies sei in beiden Kommunen gelungen, auch wenn das Konzept anfangs als Mehrarbeit und sperrig beäugt wurde.

Interview: Bonner OB und NRW-Umweltminister im Gespräch

Zu den Vorteilen und Herausforderungen wirkungsorientierter Steuerung mit dem Haushalt tauschten sich anschließend die Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner und NRW-Umweltminister Oliver Krischer aus. Beide waren sich einig: Es braucht zum einen die Diskussion über das Verhältnis der föderalen Ebenen und der Finanzierungsmöglichkeiten des Staates und zum anderen ein Umdenken auf Ebene von Politik und Verwaltung, damit wirkungsorientierte Steuerung als Mehrwert für alle Bereiche des kommunalen Handelns erkannt wird.

Erwartungen: Teilnehmende formulieren ihre Eindrücke

Auch die Eindrücke der Teilnehmenden wurden in einer Umfragerunde per Mentimeter abgefragt. Als erwartete Effekte betonten viele Teilnehmende die Aspekte „Transparenz“, „Steuerung“, „Ressourcenschonung“ und „Wirkungsorientierung“. Als zentrale Herausforderungen erkannten sie u.a. eine hohe zusätzliche Auslastung, die Bildung aussagekräftiger Kennzahlen oder noch fehlendes Wissen über die Umsetzung des Instruments. Als Lösungsansätze wurden sowohl die Integration des Ansatzes in bestehende Prozesse als auch eine externe Prozessbegleitung besonders relevant eingeordnet.

Diskutiert wurden die Umfrageergebnisse von Moderatorin Mona Rybicki (Bereichsleiterin bei der LAG 21 NRW) und Dr. Ferdinand Schuster (Institut für den öffentlichen Sektor der KPMG).

Prüfungsrelevant: Nachhaltigkeit im Prüfkatalog der gpa NRW

Zum Abschluss gab Michael Esken, Präsident der Gemeindeprüfungsanstalt NRW, Einblicke, wie die gpa NRW Nachhaltigkeit in ihren Prüfkatalog aufgenommen hat. Dabei werden z.B. Rechtmäßigkeit, Sachgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit von Nachhaltigkeitsaktivitäten überprüft. Auch der Haushalt werde dabei gescannt, um etwa festzustellen, ob hier die nötigen Ressourcen zur Umsetzung eigener Nachhaltigkeitsziele festgelegt sind.

Dazu teilte Michael Esken auch Erkenntnisse aus vergangenen Prüfverfahren. So sei der Sachstand über die Kommunen hinweg sehr unterschiedlich. Während Nachhaltigkeitsstrategien- und berichte in zahlreichen Kommunen vorlägen, sei das Instrument Nachhaltigkeitshaushalt aktuell nur spärlich vertreten – aber immer mehr im Roll-Out!

Mehr Infos

Eine Aufzeichnung der Tagung ist verfügbar. Den Mitschnitt finden Sie hier.

Weitere Informationen zum Thema „Kommunaler Nachhaltigkeitshaushalt“ finden Sie auch auf unserer Themenseite.

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