KommunalFORUM „Digitalisierung“: 5 für Südwestfalen: Digital – nachhaltig - authentisch
Von links: Das Projektteam (Foto: Südwestfalen Agentur GmbH), Bürgermeister Bernd Fuhrmann (Foto: privat)
Wie Digitalisierung und die kommunale Nachhaltige Entwicklung in der Region Südwestfalen und der Stadt Bad Berleburg zusammengedacht werden, erklärt uns Bürgermeister Bernd Fuhrmann.
Herr Bürgermeister Fuhrmann, im Projekt „5 für Südwestfalen: Digital – nachhaltig - authentisch“ werden die Städte Bad Berleburg, Arnsberg, Menden, Olpe und Soest bis 2022 jeweils eine eigene Smart-City-Strategie entwickeln. Was kann man unter einer Smart-City-Strategie verstehen? Wie kam es zu dem Projekt?
Smart Cities zeigen beispielhaft, wie Städte und Gemeinden zu intelligenten und zukunftsorientierten Kommunen werden. Der ländliche Raum Südwestfalens mit seinen starken Partnern in Politik und Wirtschaft eignet sich hervorragend, mit dieser regionalen Herangehensweise modellhaft vorwegzugehen. Nach unserer Vision „Südwestfalen 2030“ steht der Mensch im Mittelpunkt.
In südwestfälischen Smart Cities streben wir eine lebenswerte Zukunft an. Die Digitalisierung ist ein Instrument, mit dem wir die nachhaltige Entwicklung unserer Städte und Gemeinden stärken wollen. Die Smart City-Strategie ist für uns ein Entwicklungskonzept: Eine Querschnittsaufgabe für eine clevere Stadt- und Dorfentwicklung, die Kommunen auf die Bedürfnisse der Menschen und somit auf die Zukunft ausrichtet.
Anlass für das Projekt war der bundesweite Wettbewerb „Smart Cities made in Germany“ des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) Mitte 2019. Dessen Ziel ist es, Kommunen oder kommunale Zusammenschlüsse in den nächsten Jahren dabei zu unterstützen, Anforderungen der integrierten Stadtentwicklung mit den neuen Chancen der Digitalisierung zu verbinden. Das entspricht ziemlich genau der Südwestfalen-DNA „Digital – Nachhaltig – Authentisch“ für die REGIONALE 2025 und der Nachhaltigkeitsstrategie „Bad Berleburg – Meine Heimat 2030“. Die Südwestfalen Agentur hat in der Region ein Bewerbungsverfahren durchgeführt, um allen Städten und Gemeinden die gleiche Chance zu geben, an der Kooperation teilzunehmen. Dabei wurden die Kommunen Arnsberg, Menden, Olpe, Soest und wir in Bad Berleburg ausgewählt.
Mit der Auswahl als Modellprojekt „Smart Cities: 5 für Südwestfalen“ sind die interkommunale Kooperation und der regionale Ansatz als modellhaft angesehen worden. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Südwestfalen sehr vielseitig ist und mehrere Zentren hat. Der Zusammenschluss von Städten unterschiedlicher Größe und mit verschiedenen Schwerpunkten bietet also gewinnbringende Lerneffekte und erheblichen Mehrwerte für verschiedenste Anforderungen.
Grundlage für die Entwicklung der kommunalspezifischen Smart-City-Strategien ist eine Rahmenstrategie, die derzeit gemeinsam von den 5 Kommunen erarbeitet wird. Welche Rolle spielt Nachhaltige Entwicklung dabei?
Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit den 17 Nachhaltigkeitszielen (UN SDGs) ist nicht nur die Grundlage unseres Handelns, sondern steht im Zentrum unserer Entwicklung. Für uns ist es ein Vorteil, dass sowohl Arnsberg als auch Bad Berleburg bereits als Modellkommunen in NRW hierbei vorangegangen sind. Insofern soll die Smart City-Strategie aus unserer Sicht dabei unterstützen, die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.
In der Präambel der Smart City Charta des Bundes heißt es außerdem: „Smart Cities sind nachhaltiger und integrierter Stadtentwicklung verpflichtet.“ Dies ist für uns in Südwestfalen ein selbstverständliches Ziel und kommt bereits bei Südwestfalen-DNA „Digital – Nachhaltig – Authentisch“ treffend zum Ausdruck. Auf diese Weise stärkt die REGIONALE 2025 den Wandel südwestfälischer Städte und Gemeinden zu Smart Cities.
Warum ist es in Ihren Augen gerade auf kommunaler Ebene so wichtig, die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammenzudenken? Wie tun Sie dies in der Nachhaltigkeitsstrategie Ihrer Stadt?
Wir Projektpartner sehen Digitalisierung als ein Werkzeug an, mit dem wir zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen wollen. Digitalisierung steht dabei nicht vor Nachhaltigkeit, weil wir den Menschen und die Natur in den Mittelpunkt stellen – nicht die Technologien.
Für uns ist die Nachhaltigkeitsstrategie das Fundament und die tragenden Säulen. Die Smart City-Strategie ist damit letztlich ein Umsetzungskonzept, mit dem wir die Bad Berleburger Nachhaltigkeitsstrategie unterstützen und stärken.
Wie werden die anderen Kommunen der Region Südwestfalen in den Prozess eingebunden?
Die Südwestfalen Agentur koordiniert das Gemeinschaftsprojekt. Open Source ist dabei ein gemeinsamer Handlungsgrundsatz, mit dem der beabsichtigte Wissenstransfer gewährleistet werden kann. Gemeinsame „Leitprojekte“ sind ein Baustein, mit dem schon jetzt Piloten und Prototypen entstehen, die schließlich als Vorlagen für andere Kommunen dienen. Die Südwestfalen Agentur vernetzt die gesamte Region und damit auch die Städte und Gemeinden, die nicht selbst Projektpartner sind. Darüber hinaus ist sie eine Schnittstelle zur REGIONALE 2025.
Nach der Entwicklung der Strategien geht es ab 2022 in die Umsetzungsphase. Wie wird diese begleitet?
Die Umsetzung der Smart City-Strategien wird sicherlich ein dynamischer Prozess und muss immer wieder mit den Menschen verknüpft werden. In Bad Berleburg wird das über eine Steuerungsgruppe „Global Nachhaltige Kommune“ umgesetzt, in der neben Verwaltung und Politik auch relevante gesellschaftliche Gruppen vertreten sind.
Gemeinsamt mit der LAG 21 NRW wollen wir diesen Prozess mit Methoden der Bürgerbeteiligung umsetzen und wissenschaftlich begleiten lassen. Die Einbindung von Experten und Universitäten ist für uns selbstverständlich.
Die Corona-Krise hat vielerorts Lücken in der Digitalisierung offenbart. Wie war das in Bad Berleburg? Wie sehen die Auswirkungen auf das Projekt aus?
Der flächendeckende Breitbandausbau ist natürlich auch bei uns ein Thema und die Infrastruktur ist wie vielerorts noch nicht überall im Stadtgebiet so, wie wir es uns wünschen. Beispielsweise haben wir uns als Kommune an allen bisherigen Förderprogrammen des Bundes zum Ausbau des Breitbands beteiligt, aber er ist leider noch nicht abgeschlossen.
Auch die Umsetzung des Digitalpakts an den Schulen ist zwar in Arbeit, aber eben noch nicht fertig. Außerdem möchten wir in den nächsten zwei Jahren „digitale Dorfmitten“ in all unseren 23 Ortschaften mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort entwickeln. Dieser Prozess ist angestoßen, aber sicherlich wäre es hilfreich gewesen, wenn er schon abgeschlossen gewesen wäre.
Trotzdem ist es zumindest innerhalb der Verwaltung und soweit wir wissen auch in einigen Unternehmen gelungen, dass sich alle Beteiligten schnell auf Homeoffice und Videomeetings eingelassen und umgestellt haben. Dabei sind neue Austauschformate erfolgreich angenommen und in den Alltag integriert worden. Beispielsweise hat bis vor wenigen Tagen bei uns ein breit angelegter Beteiligungsprozess für die Weiterentwicklung unserer Stadtbücherei stattgefunden. Ursprünglich waren hierfür Veranstaltungen und Workshops vor Ort geplant, letztlich haben wir alles digital umgesetzt.
Dabei stößt man selbstverständlich an Grenzen, weil digitale Formate nicht alles ersetzen können, zum Beispiel den geselligen Austausch und das Netzwerken am Rande einer Veranstaltung. Trotzdem ist es spannend, neue Beteiligungsformate auszuprobieren und möglicherweise auch für die Zukunft zu etablieren. Die Schwierigkeiten der Corona-Pandemie haben durch das engagierte Zusammenspiel aller Beteiligten dazu geführt, dass regelmäßige Videokonferenzen mit allen Ortsvorsteherinnen und Ortsvorstehern bereits zum selbstverständlichen Handeln geworden sind. Insofern waren die vergangenen Wochen bei allen erheblichen Einschränkungen und Herausforderungen ein riesiger Sprung für die Digitalisierung.
Auch das Projekt „Smart Cities: 5 für Südwestfalen“ wird voraussichtlich wie geplant durchgeführt – mit neuen innovativen Formaten. Unsere strategischen Vorbereitungen zum Projekt Smart Cities mit dem Austausch unter den Kollegen mit ihren unterschiedlichen Erfahrungen waren dabei sehr hilfreich. Wenn dann am Ende des Tages als Ehrenbeamte unterschiedlichsten Alters gemeinschaftlich auch nach der Krise die Vorteile dieses Instruments nutzen wollen, sich aber natürlich gleichzeitig auch über analoge Treffen freuen, dann ist smartes Handeln im Lebensalltag angekommen.
Wenn es um Digitalisierung geht, klagen viele Kommunen über zu viel Bürokratie und klamme Kassen. Was ist in Ihren Augen die wichtigste Voraussetzung für die Entwicklung einer Smart-City-Strategie?
Für uns in Bad Berleburg ist eine zentrale Voraussetzung, dass das Thema auf der Führungsebene breit verortet ist, dass also unser gesamter Verwaltungsvorstand dahinter steht und damit alle Mitarbeitenden in den Fachbereichen und Abteilungen einbezogen werden. Diese Einbindung gilt auch für die Politik, wie das Beispiel der Ortsvorsteher zeigt.
Aus unserem Selbstverständnis heraus geht dieser Prozess nicht ohne die Beteiligung von Experten wie Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Bildungseinrichtungen. Wir verstehen die Entwicklung der Smart City-Strategie als gesamtstädtischen Prozess und sind davon überzeugt, dass es wichtig ist, an der einen oder anderen Stelle mutig zu sein und Neues auszuprobieren.
Der größte Gewinn für mich ist dabei, dass wir dies nicht nur vor Ort im Team der Verwaltung und mit einem gro0en Netzwerk in Bad Berleburg, sondern mit den fünf Partnern Arnsberg, Menden, Olpe, Soest und der Südwestfalen Agentur umsetzen. Was wir dabei lernen können, ist ein großer Gewinn für die Zukunft.
Herzlichen Dank für diesen spannenden Einblick!
Weitere Informationen zum Projekt „5 für Südwestfalen: Digital – nachhaltig - authentisch“ finden Sie unter: www.suedwestfalen.com. Interessierte Kommunen können sich gerne an Matthias Barutowicz wenden.