Kommunale Nachhaltigkeitshaushalte
Wie können Kommunen Nachhaltige Entwicklung in ihre Kernprozesse integrieren und finanziell verankern? Ein wirkungsvolles Instrument ist der kommunale Nachhaltigkeitshaushalt. Hier erfahren Sie mehr über den Ansatz und finden passende Materialien.
Das Modell „Kommunaler Nachhaltigkeitshaushalt“ wurde von der LAG 21 NRW mit dem Projektpartner Institut für den öffentlichen Sektor / KPMG entwickelt und vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.
Hintergrund und Ziel
Immer noch wird die Umsetzung von Nachhaltigkeit in vielen Kommunen als Zusatz gesehen – als Projekte, die on-top zum kommunalen Kerngeschäft finanziert werden müssen. Dabei zeigen die sich stetig verschärfenden, multiplen und globalen Krisen unserer Zeit, dass Ausgaben für eine Nachhaltige Entwicklung in allen Bereichen relevant sind und langfristig eine stabilere Finanz- und Lebensgrundlage in der Kommune sichert. Deshalb muss Nachhaltigkeit jetzt sektorübergreifend in die kommunalen Standardverfahren integriert werden.
Sobald Nachhaltigkeit nicht mehr als Zusatz, sondern als Grundprinzip für das kommunale Kerngeschäft verstanden wird, wird auch die Notwendigkeit zur Verknüpfung mit dem kommunalen Haushalt deutlich. Nur im Rahmen der Haushaltsplanung kann eine hinreichende Zuteilung von Personal- und Finanzressourcen sichergestellt werden. Hier setzt das Instrument des kommunalen Nachhaltigkeitshaushalts an.
„Der kommunale Nachhaltigkeitshaushalt ist eine spezifische wirkungsorientierte Haushalts- und Verwaltungssteuerung (Outcomesteuerung), mit dem Zweck, die Verteilung von Finanzmitteln an Nachhaltigkeitszielsetzungen auszurichten. (…) Praktisch werden die Nachhaltigkeitszielsetzungen durch Integration von entsprechenden Zielen und Indikatoren im kommunalen Haushalt auf der Ebene der Produkte, Produktgruppen und/oder der Produktbereiche umgesetzt.“
(Quelle: Reuter/Schuster)
Nachhaltigkeitshaushalt: Ansatz und Umsetzung
Eine erfolgreiche Umsetzung von Nachhaltiger Entwicklung entscheidet sich auf allen föderalen Ebenen an einer hinreichenden Zuteilung von Personal- und Finanzressourcen. Einen vielversprechenden Ansatz zur Förderung Nachhaltiger Entwicklung eröffnet daher das doppische Finanzmanagement der kommunalen Haushalte. Hier bieten sich Potentiale für eine wirkungsorientierte Steuerung der Kommunen durch die Verzahnung von Zielen und Kennzahlen mit dem Produkthaushalt. Die Verknüpfung von Nachhaltigkeitszielen mit dem Haushalt ist demzufolge eine Zuordnung von monetären Mitteln für das Erreichen einzelner Nachhaltigkeitsziele. So wird Nachhaltigkeit gesamtheitlich und wirkungsorientiert in die Planung und Steuerung der Kommunen integriert.
Bei der Verankerung von Nachhaltigkeitszielen im kommunalen Haushalt sind verschiedene Ansätze möglich, die sich in ihren Anwendungsmöglichkeiten unterscheiden. Das Klassifizierungsschema ermöglicht einen Überblick über die maßgeblichen Kriterien (institutionelle, strukturelle und organisatorische Verankerung sowie Charakteristika von Zielen und Indikatoren) und verschafft Transparenz, ab welcher Entwicklungsstufe ein Nachhaltigkeitshaushalt mit Steuerungsabsicht gegeben ist. Das von der LAG 21 NRW und KPMG entworfene Konzept sieht einen wirkungsorientierten Nachhaltigkeitshaushalt vor, der den Vorteilen einer integrierten Haushaltsplanung, strategischen und operativen Steuerung und Berichtslegung für eine Nachhaltige Entwicklung unterliegt. Um die Potentiale der Steuerungsunterstützung und Wirkungsorientierung auszunutzen, müssen die Kriterien der letzten beiden dargestellten Entwicklungsstufen erfüllt sein.
Weiterlesen: Mehr Hintergründe und Details zum Schema der Entwicklungsstufen in diesem Artikel.
Kontakt
Mona Rybicki
Tel. (+49) 231 936960-12
E-Mail: m.rybicki@lag21.de
Marlén Münning
Tel. (+49) 231 936960-18
E-Mail m.muenning@lag21.de
Projekt "Prozesskette Nachhaltigkeit NRW"
Im Projekt "Prozesskette Nachhaltigkeit NRW“ werden drei zentrale Instrumente des kommunalen Nachhaltigkeitsmanagements in ausgewählten NRW-Kommunen eingeführt (Nachhaltigkeitsstrategien, -berichte und -haushalte). Bei der Entwicklung von Nachhaltigkeitshaushalten werden aktuell in der 1. Projektlaufzeit die Gemeinde Kalletal, die Stadt Rheinberg sowie die Stadt Wuppertal begleitet. Mehr zum Projekt hier.
Projekt "Kommunaler Nachhaltigkeitshaushalt"
Seit 2017 läuft das Projekt „Kommunaler Nachhaltigkeitshaushalt“, in dem die LAG 21 NRW mit dem Projektpartner Institut für den öffentlichen Sektor / KPMG das Modell entwickelt hat und seitdem erprobt. Gefördert wird es vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen.
1. Projektphase (Juli 2017- April 2018)
Die erste Projektphase begann im Juli 2017 mit einem ersten Netzwerktreffen und endete im April 2018 mit einer öffentlichen Abschlussveranstaltung. Es wurden insgesamt drei Netzwerkveranstaltungen durchgeführt, die allen Kooperationspartnern Austausch und Diskussionen zu grundsätzlichen Fragestellungen ermöglichten. Kern des Umsetzungsprozesses in den Kommunen Stadt Köln und dem Kreis Unna stellten je drei Workshops vor Ort, organisiert von der LAG 21 NRW und dem IöS, mit den jeweiligen Kernteams dar. Ergebnisse aus diesem Prozess finden Sie in diesem Kurzbericht: Bericht 1. Projektphase
2. Projektphase (Januar 2020 bis Mai 2021)
Von Januar 2020 bis Mai 2021 verlief die zweite Phase mit drei neuen Modellkommunen Bonn, Jüchen und Lüdenscheid. Durch die Zusammenarbeit mit diesen Städten in der praktischen Umsetzung konnten weitere wertvolle Erfahrungen gesammelt und die Expertise zu konkreten Praxisfragen, wie etwa dem Umgang mit Haushaltspositionen, die in erster Linie der Finanzierung von Auftragsangelegenheiten dienen, ausgebaut werden. Durch die Anwendung in unterschiedlichen Kommunen, die Zusammenarbeit mit neuen Ämtern und in verschiedenen Themenbereichen konnten neue Erkenntnisse zur Stärkung des Konzepts Kommunaler Nachhaltigkeitshaushalt gewonnen werden. Einen ausführlichen Bericht dazu können Sie hier einsehen: Bericht 2. Projektphase
3. Projektphase (2021-2024)
In der dritten Projektphase hat eine Evaluation der bisher gemachten Erfahrungen stattgefunden und daran angeknüpft, wurde eine Bewertung und Weiterentwicklung des Ansatzes vorgenommen. Der Nachhaltigkeitshaushalt wurde erstmals über den gesamten Haushalt einer Kommune, der Bundestadt Bonn, ausgebreitet. Zudem wurden Begleitprozesse in den Bereichen Kommunikation, Anwendung in der Verwaltung sowie Einbindung der Politik entwickelt, um den neuen Steuerungsansatz in der Praxis zu verankern. Da es bislang an einer flächendeckenden Integration von Nachhaltigkeitszielen über den gesamten kommunalen Haushalt mangelt, wurden hier zentrale, neue Erkenntnisse zu dem Pilotvorhaben gewonnen.
Fachartikel: Der Nachhaltigkeitshaushalt als Steuerungsinstrument – Entwicklung eines Klassifizierungsschemas zur Stärkung der Transparenz
Das Modell des Nachhaltigkeitshaushaltes wird im Jahrbuch für öffentliche Finanzen vorgestellt. Unter anderem wird ein entsprechendes Klassifizierungsschema zur Differenzierung von Entwicklungsstufen und Einordnung erläutert.
Rybicki, M., Romahn, C., Reuter, K., Schuster, F., Klein, S., Späth, S. (2023): Der Nachhaltigkeitshaushalt als Steuerungsinstrument - Entwicklung eines Klassifizierungsschemas zur Stärkung der Transparenz. In: M. Junkernheinrich, S. Korioth, T. Lenk, A. Ranscht-Ostwald, H. Scheller, M. Woisin (Hrsg.), Schriften zur öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Wirtschaft. Jahrbuch der öffentlichen Finanzen 2-2023, Bd. 258, Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin, S. 65-80
Kurzbericht zum Abschluss der 1. Projektphase (PDF)
Ein Blick auf den Start des Projektes mit einer Definition des Begriffs "Nachhaltigkeitshaushalt" und einem Muster für den Projektablauf.
Der kommunale Nachhaltigkeitshaushalt 2019-2021: Bericht zur 2. Projektphase (Broschüre)
Ein umfassender Bericht zur zweiten Phase des Projekts in Form einer Broschüre. Hier finden sich ausführliche Erläuterungen zum Hintergrund und Konzept des Nachhaltigkeitshaushaltes. Dazu Meilensteine des Projekts, Einblicke ins Vorgehen der Modellkommunen sowie weitere nützliche Informationen aus dem Projektkontext.
Mitschnitt: Abschlussveranstaltung der 2. Projektphase (Video)
Die Veranstaltung mit dem Titel "Wirkungsorientierte Steuerung auch bei knappen Kassen" fand digital statt. Die Aufzeichnung steht auf YouTube zur Verfügung und ist in Kapitel unterteilt. So finden Sie auf einen Blick die Präsentationen der Modellkommunen oder die spannenden Impulse der Referent*innen.
Video: Der Nachhaltigkeitshaushalt: Ein Fundament für nachhaltige Kommunen
Wie dringt Nachhaltigkeit ins Kerngeschäft der Kommune vor, welche Schritte braucht es und wie gelingt erfolgreiches Umsteuern? Im Video berichtet eine Muster-Kommune aus Sicht der Kommunalpolitik.
Ergänzende Materialien
Artikel: Grundwissen Kommunalpolitik: Der kommunale Haushalt (Friedrich-Ebert-Stiftung, 2019) | PDF
Studie: "Bedeutung der Doppik für kommunale Investitionen" (Studie im Auftrag der KfW Bankengruppe, 2020) | PDF
Artikel: "Nachhaltigkeitssteuerung im Konzern Kommune" (erschienen in "Innovative Verwaltung", 2021) | PDF