Befragung zu Sustainable Finance: Wie Nachhaltigkeitsberichte den Zugang zu nachhaltigen Finanzmitteln stärken können
Immer mehr Kämmereien beschäftigen sich mit Sustainable Finance, wie eine aktuelle Befragung des volkswirtschaftlichen Kompetenzzentrums „KfW Research“ der KfW-Bank zeigt. Welche Herausforderungen dabei auftreten und warum Nachhaltigkeitsberichte den Zugang zu mehr Ressourcen eröffnen können, fassen wir hier zusammen.
Die finanzielle Situation vieler deutscher Kommunen ist angespannt. Trotz des hohen Investitionsbedarfs in zentrale Zukunftsaufgaben, von Klimaschutz und Infrastruktur über Bildung bis hin zur Fachkräftesicherung, sehen sich zahlreiche Kommunen mit wachsenden finanziellen Engpässen konfrontiert. So zeigte etwa der Kommunale Finanzreport 2025 der Bertelsmann Stiftung (Link), dass Städte, Gemeinden und Kreise mit einem Defizit von knapp 25 Milliarden Euro im Jahr 2024 das größte Haushaltsloch ihrer Geschichte verzeichneten. Und auch die Veröffentlichung „NRW.BANK.Fokus Kommunen – Transformation. Investition. Nachhaltigkeit.“ (Link) zeigt deutlich: Fast alle Kommunen nahmen die bestehenden Investitionshemmnisse im Jahr 2024 gravierender wahr als noch im Vorjahr.
Gleichzeitig weist eine aktuelle Befragung von KfW Research darauf hin, dass vielerorts das Interesse an nachhaltigen Finanzierungsinstrumenten (Sustainable Finance) wächst. Doch für viele Kommunen bleibt die Frage: Lohnt sich das?
Was steckt hinter Sustainable Finance?
Allgemein beschreibt der Begriff Sustainable Finance solche Finanzinstrumente, die Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) berücksichtigen. Für Kommunen sind dabei vor allem folgende Finanzinstrumente relevant:
- Grüne Anleihen und Schuldscheindarlehen, die häufig vereinfachend unter der Bezeichnung Green Bonds zusammengefasst werden, aber unterschiedliche regulatorische Anforderungen erfüllen müssen
- Kommunalkredite mit Nachhaltigkeitsbezug, daher als grüne Kommunalkredite bezeichnet
- Förderkredite mit Nachhaltigkeitsbezug
- „ESG-linked instruments“: Kredite oder Anleihen, bei denen die Finanzierungsbedingungen vom Erreichen bestimmter Nachhaltigkeitsziele abhängen.
Chancen für Kommunen
In der Theorie bietet der Rückgriff auf Sustainable-Finance-Instrumente laut Veröffentlichung von KfW-Research (Link) einige Vorteile: Sie können Kommunen dabei unterstützen, ihre Investitionsprojekte auf eine stabilere und vielfältigere Finanzierungsbasis zu stellen. So ermöglicht eine intensivere Nutzung beispielsweise die Diversifizierung der Geldgeber und schafft neue Zugänge zu Investoren, die gezielt in nachhaltige Projekte investieren möchten. Je nach Marktlage können dadurch auch günstigere Konditionen erzielt werden. Darüber hinaus wirkt Sustainable Finance auch nach innen, indem es die Bedeutung von Nachhaltigkeit innerhalb der Verwaltung stärkt, den Aufbau von Expertise fördert und dazu beiträgt, kommunale Klimaziele und Finanzierungsstrategien besser miteinander zu verzahnen.
Aktuelle Hürden und Herausforderungen
Aktuell zeigen Befragungsergebnisse von KfW Research, basierend auf Expert*inneneninterviews, die 2024 mit ausgewählten Mitarbeitenden der Finanzdezernate großer Kommunen durchgeführt wurde, dass bereits vielerorts über die benannten Vorteile nachgedacht wird, in der Praxis jedoch auch akute Hürden und Herausforderungen auftreten. So sehen sich viele kommunale Akteur*innen mit fehlenden Personalkapazitäten und Wissen bei gleichzeitig hohem wahrgenommenem Informationsbeschaffungsaufwand konfrontiert.
Auch KfW Research hebt in ihrer Veröffentlichung der Befragungsergebnisse hervor: Die Nutzung von Green Finance müsse mit einem Aufwand verbunden sein, dem ein entsprechender Nutzen gegenübersteht. Gerade die Frage nach dem potenziell verbesserten Zugang zu Fremdkapital oder günstigeren Zinsbedingungen durch den Rückgriff auf Sustainable Finance, lasse sich aufgrund kaum öffentlich verfügbarer Daten nicht hinreichend gut beantworten.
Vielmehr stünden Kommunen häufig vor dem Problem, zusätzlichen Aufwand betreiben zu müssen, um potenzielle Investitionsprojekte fit für eine Finanzierung mittels grüner Kapitalmarktinstrumente zu machen. Dazu gehören laut Veröffentlichung die Identifikation geeigneter Vorhaben, deren Nachhaltigkeitsbeitrag messbar ist, sowie die Einbindung externer Akteur*innen wie Beratungsunternehmen oder Gutachter*innen. Diese Schritte erhöhen die Emissionskosten im Vergleich zu nicht-grünen Finanzierungswegen.
Ähnliche Probleme können dabei auch beim Instrument des grünen Kommunalkredits auftreten. Hier zeige sich in der Praxis, dass Banken für die Einordnung von Projekten als „nachhaltig“ sehr unterschiedliche Maßstäbe anlegen. Für Kommunen sei daher schwer kalkulierbar, ob sich aus einem solchen Kredit tatsächlich finanzielle Vorteile ergeben.
Dies stelle gerade kleinere und mittlere Städte vor die Frage, ob Aufwand und Nutzen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.
Nachhaltigkeitsberichte als Schlüssel?
Ein zentraler Baustein für den Zugang zu Sustainable Finance kann laut KfW Research die Nachhaltigkeitsberichterstattung darstellen. Sie könne als Grundlage für den Verwendungsnachweis nachhaltiger Investitionen dienen und somit den Zugang zu Förderkrediten, grünen Kommunalkrediten oder Green Bonds erleichtern.
Eine Möglichkeit zur einheitlichen und standardisierten Berichterstattung bietet hierbei der Berichtsrahmen Nachhaltige Kommune (BNK). Er bietet neben vielfältigen Berichtsaspekten unter anderem Anhaltspunkte und Indikatoren, um zu nachhaltigen Finanzierungsinstrumenten und nachhaltigen Haushaltsstrukturen zu berichten.
Doch auch neben den grundsätzlichen Finanzierungsüberlegungen leisten Nachhaltigkeitsberichte einiges: Sie sind ein wirksames Steuerungsinstrument, um Nachhaltigkeitsziele systematisch in die kommunale Entwicklung einzubetten. Dabei schaffen sie Transparenz, fördern den Dialog mit Bürger*innen und stärken die Glaubwürdigkeit der Verwaltung. Gleichzeitig machen sie Fortschritte messbar, zeigen Handlungsbedarfe auf und können Grundlage für politische Entscheidungen sowie Förderanträge sein.
Um Nachhaltigkeitsberichte als sinnvolle und potenziell effizienten Zugang zu Sustainable-Finance-Instrumenten nutzbar zu machen, sieht KfW Research in ihrer Veröffentlichung jedoch auch Handlungsbedarf: So richtet sich die bisherige Berichterstattung in Kommunen zumeist an einen sehr breiten Adressatenkreis – von Bürger*innen über die Verwaltung bis hin zu Banken und Investoren. Ein „schlanker Berichtsstandard“, der sich gezielt an Investoren richtet, könnte aus Sicht von KfW Research zusätzlich helfen, die Finanzierung über nachhaltige Instrumente zu erleichtern.
Sustainable Finance: Echte Wirkung oder „grünes Rebranding“?
Eine offene Frage bleibt jedoch aus Sicht der KfW-Research-Autor*innen: Führt Sustainable Finance tatsächlich zu zusätzlichen Nachhaltigkeitsprojekten oder werden ohnehin geplante Vorhaben nur neu etikettiert? Die Autor*innen argumentieren: Nur wenn echte Zusätzlichkeit entstünde – also Projekte umgesetzt werden, die sonst nicht möglich gewesen wären – entfalte Sustainable Finance seine Wirkung.
Um Sustainable Finance jedoch auch kleineren, finanzschwächeren Kommunen zugänglicher zu machen, müssen aktuelle Herausforderungen überwunden werden. Denkbar wären hierbei die Bündelung von Investitionsbedarfen oder die Standardisierung grüner Finanzprodukte und von Nachhaltigkeitsberichten.
