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Führen durch Vorbild: Arno Minas, Dezernent der Stadt Wuppertal, im Gespräch

Arno Minas | Foto: Berenika Oblonczyk

Was bewegt die Mitglieder der LAG 21 NRW? Wie setzen sie sich für Nachhaltige Entwicklung ein? Diesmal: Arno Minas, Dezernent der Stadt Wuppertal.

In Wuppertal geben Wissenschaft und bürgerschaftliches Engagement Nachhaltiger Entwicklung viel Anschub – im Bereich Mobilität braucht es das auch, um mit dem Rad durch die Berge und Täler der Stadt zu kommen. Arno Minas, Dezernent für Wirtschaft, Stadtentwicklung, Klimaschutz, Bauen und Recht der Stadt Wuppertal, verrät im Interview, wie sich die Industriestadt zum Knotenpunkt für Kreislaufwirtschaft wandeln will, wieso Organisationen Nachhaltigkeitsstrategien brauchen und wie Menschen auch in Zeiten von Krieg und Pandemie für Nachhaltige Entwicklung begeistert werden können.

Herr Minas, was bedeutet Nachhaltigkeit für Sie persönlich?

Für mich persönlich bedeutet Nachhaltigkeit, dass wir eine lebensfähige Umwelt und Lebensgrundlage behalten. Ich sehe das als zwingende Aufgabe unserer Generation – meinen drei Kindern will ich eine lebenswerte Welt hinterlassen.

Bei welchen Themen rund um Nachhaltigkeit ist Wuppertal besonders stark aufgestellt?

Mit dem Wuppertal Institut ist eine der wichtigsten Forschungseinrichtungen in Sachen Nachhaltigkeit vor Ort beheimatet – die unser Oberbürgermeister zehn Jahre geleitet hat. Durch die Wissenschaft entsteht ordentlich Schubkraft.

Zudem entspringt viel aus Wuppertals sehr stark ausgeprägtem bürgerschaftlichen Engagement. Auch nach zwei Jahren im Dienst bewundere ich die Vielfältigkeit noch und habe es so auch noch nicht erlebt. Eine der größten Bewegungen, die Wuppertal Bewegung, bespielt aktuell das Thema Circular Valley – und denkt damit in großen Dimensionen.

Was verbirgt sich hinter dem Begriff Circular Valley?

In den USA gibt es das Silicon Valley als Knotenpunkt für Technologieunternehmen – warum soll Wuppertal nicht weltweites Zentrum der zirkulären Wirtschaft werden? Als Stadt unterstützen wir die Idee, bringen das Stichwort kommunikativ immer wieder nach vorne und helfen auch operativ, etwa durch Genehmigungen. Außerdem wollen wir die Koordinierungsstelle Klimaschutz zu einem ganzen Ressort Klimaschutz und Nachhaltigkeit ausbauen und darin auch das Thema Circular Economy integrieren.

Welche spezifischen Herausforderungen gibt es für die bergische Metropole Wuppertal in Sachen Nachhaltige Entwicklung?

Der Topographie geschuldet wurde Wuppertal als Autostadt ausgebaut – Radfahren ist wirklich nur was für gut trainierte Leute. Seit einigen Jahren treiben Pedelecs da ein Umdenken an. Hier gilt: Je mehr Alternativen ich anbiete, desto mehr Leute kommen vom Auto weg und Eingriffe in die Infrastruktur werden leichter möglich.

Außerdem ist Wuppertal eine Industriestadt. Auch wenn unsere Unternehmerschaft im Nachhaltigkeitsbereich oft vor der Welle ist, ist der Weg zur CO2-Neutralität für industrielle Unternehmen doch etwas weiter als in dienstleistungsgeprägten Städten.

Großes Thema ist immer auch die herausfordernde Sozialstruktur. In unserer Nachhaltigkeitsstrategie haben wir deshalb Handlungsfelder wie Bildung, Kultur, Arbeit und soziale Gerechtigkeit aufgenommen, die die Lebenslagen der Bürger und Bürgerinnen direkt betreffen.

Sie haben es angesprochen: Wuppertal erarbeitet in der dritten Projektphase von „Global Nachhaltige Kommune NRW“ eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie – warum hat die Stadt sich für diesen Schritt entschieden?

GNK NRW: Einblick in die erste Steuerungsgruppensitzung in Wuppertal

Nachhaltigkeit muss in der Verwaltung verankert sein. Wenn man eine Organisation zum Thema Nachhaltigkeit aufstellen will, braucht man dafür auch eine Strategie. Zudem haben wir mitbekommen, wie Solingen die im GNK-Projekt erarbeitete Strategie mit Leben gefüllt hat. Durch den Prozess der LAG 21 NRW hat Solingen es geschafft, die Inhalte ans Fliegen zu bekommen – das hat uns gezeigt, dass hier nicht nur eine Strategie für die Schublade geschrieben wird.

Wir befinden uns in der „Dekade des Handelns“. Was braucht es Ihrer Meinung nach, um jetzt Menschen für Nachhaltige Entwicklung zu begeistern und auf dem Weg zur notwendigen Transformation mitzunehmen?

Als Kommune muss man führen durch Vorbild. Wir können nicht allen erzählen, dass wir nachhaltig werden müssen und gleichzeitig findet man keine einzige PV-Anlage auf städtischen Dächern. Staatliche Akteure müssen eine Vorbildfunktion einnehmen.

Unser Verständnis von Wohlstand muss sich auch verändern. Wohlstand ist nicht nur etwas Materielles, wir müssen lernen, dass man sich auch ohne Auto, Haus und Boot wohl fühlt. Aber diese Veränderungen kann man nicht diktieren, sie müssen sich im gemeinsamen Leben ergeben. Sie müssen sozial gerecht und erschwinglich sein - und Spaß machen! Man holt Leute ab, wenn sie Spaß haben.

Gelingt das, wenn Themen wie Krieg und Pandemie so groß im Raum stehen?

Der Krieg in der Ukraine ist grauenhaft. Hierzulande bewirkt er auch, dass zum Beispiel Energieabhängigkeiten offengelegt werden. Aktuell löst das den Reflex aus, anders über fossile Energien, die wir nicht selbst produzieren, nachzudenken. Der Wille, aus dieser Abhängigkeit rauszukommen, wächst dadurch schneller. In der Pandemie hat man gesehen: globale Lieferketten sind ein unheimlich sensibles System. Verkantet nur eine Stellschraube, fährt es vor die Wand. Das bringt viele dazu, vermehrt ins Regionale zu gehen. Den Hype um die Selbstproduktion von Lebensmitteln kann man nutzen – holt man Vor-Ort-Produktion etwa in die Quartiere, merken Menschen: nachhaltiges Handeln tut gut.

 

Weitere Informationen

Informationen zu Klimaschutzprojekten in Wuppertal finden Sie hier.

Mehr zum Thema "Circular Valley" erfahren Sie hier.

Details zum Projekt "Global Nachhaltige Kommune NRW" lesen Sie hier.

Infos zu Wuppertals Aktivitäten im Projekt GNK NRW und den Handlungsfeldern der Strategie finden Sie hier.

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