Rückblick zur Netzwerktagung: „Kommunales Nachhaltigkeitsmanagement erfolgreich umsetzen und verstetigen“
Einen wichtigen Schritt zu einer nachhaltigen Kommune stellen die Nachhaltigkeitsinstrumente Strategie, Bericht und Haushalt dar. Doch wie geht es weiter, wenn die Entwicklung des Instruments gemeistert ist und eines oder sogar mehrere Instrumente für die eigene Kommune vorliegen? Wie gelingt die Umsetzung und Verstetigung der entwickelten Instrumente? Diesen Fragen widmeten sich Akteur*innen aus Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft auf unserer Netzwerktagung zum kommunalen Nachhaltigkeitsmanagement. Ein Rückblick.
Am 20. Mai 2025 fand die Netzwerktagung zum kommunalen Nachhaltigkeitsmanagement unter dem Fokus Umsetzung und Verstetigung in den Tagungsräumen der Jugendherberge Köln-Riehl statt. Kommunale Vertreter*innen aus ganz NRW, aber auch Akteur*innen aus der Wissenschaft und Wirtschaft nutzten die Gelegenheit, sich darüber auszutauschen, wie die Nachhaltigkeitsinstrumente Strategie, Bericht und Haushalt in der Kommune mit Leben gefüllt werden können. Im Mittelpunkt stand neben den inhaltlichen Schwerpunkten der Netzwerkgedanke: Die Tagung bot im Rahmen des Programms viel Raum für den Erfahrungsaustausch und das gemeinsame Brainstorming. Gefördert wurde die Veranstaltung vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes NRW (MUNV NRW).
Moritz Schmidt, Bereichsleiter bei der LAG 21 NRW, begrüßte die Teilnehmenden als Mitstreiterinnen und Mitstreiter für eine nachhaltige Zukunft. Er wisse, dass Nachhaltigkeitsmanagement den Anschein eines etwas trockenen und vor allem technischen Themas innehabe und deshalb ginge es bei der Tagung darum, das Thema gemeinsam mit Leben zu füllen:
„Wir wollen das, was oft in wohlformulierten Strategiedokumenten beginnt, wirklich wirksam machen. Wir wollen nicht nur schreiben, wir wollen umsetzen. Nicht nur anschieben, sondern verstetigen. […] Lassen Sie uns diesen Tag nutzen, um konkrete Ideen mitzunehmen, Fragen zu stellen, Netzwerke zu knüpfen – und auch mal zu sagen: ‚Ja, bei uns läuft’s auch nicht immer rund – aber wir machen weiter.‘“
Impuls: Straßen sind mehr als reine Verkehrsräume

Unter dem Titel „Nachhaltigkeit vor Ort – Lebenswerte Nachbarschaften visualisieren, planen und umsetzen“ lieferten Dr. Steven März, der am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie das Projekt „Lebenswerte Straßen, Orte und Nachbarschaften“ leitete, und Jan Kamensky, der in seiner Kunst graue Straßenzüge in einen utopischen Lebensraum für Menschen verwandelt, einen inspirierenden Impuls dazu, wie lebenswerte Straßen aussehen können.
Dr. Steven März erläuterte, dass 20 bis 30 Prozent des städtischen Raums von Straßen eingenommen werde - dabei seien Straßen historisch gesehen mehr als reine Verkehrsräume gewesen. Um das Potenzial der Straßen wieder für den Menschen und nicht nur für das Auto zu nutzen, wurden im Rahmen des Projekts bei der Transformation von Straßenräumen drei Zielebenen berücksichtigt: Klimaanpassung, Verkehrswende und Aufenthaltsqualität.
Jan Kamensky ergänzte in seinem Impuls, dass man sich an den Anblick des Autos im Straßenbild längst gewöhnt hätte und daher seinen Stellenwert im öffentlichen Raum meist nicht mehr hinterfrage. Doch zu 90 Prozent seien die „Fahrzeuge eigentliche Stehzeuge“, die das „Gemeingut öffentlicher Raum“ beanspruchen. Dabei seien öffentliche Räume Orte der Begegnung, die mitentscheidend für eine demokratische Gesellschaft sind. Daher leiste seine Kunst als „utopischer Presslufthammer“ Kritik an der gegenwärtigen Situation und möchte zu einer Stadtgestaltung für alle inspirieren.
März und Kamensky waren sich dabei einig: Die Visualisierung einer möglichen Umgestaltung des Straßenraums hole Betroffene auf einer anderen Ebene ab und breche das gewohnte Bild auf. Sie verdeutliche die Vorteile aber auch Zielkonflikte, sodass diesen besser begegnet werden könne.
Der Forschungsbericht zum Projekt „Lebenswerte Straßen, Orte und Nachbarschaften“ kann hier eingesehen werden. Die Videoanimationen von Städten ohne Autoverkehr von Jan Kamensky finden Sie u.a. auf seiner Homepage.
Prozesskette Nachhaltigkeit in der Umsetzung
In dem darauffolgenden Dialog über die Prozesskette Nachhaltigkeit in der Umsetzung diskutierten Mona Rybicki und Moritz Schmidt, die bei der LAG 21 NRW für die Prozessbegleitung der Nachhaltigkeitsinstrumente verantwortlich sind, welche Bedeutung die Instrumente für eine umfassende und integrierte Umsetzung von Nachhaltigkeit in den Kommunen haben. Die Instrumente seien wichtig, um die angestrebten Ziele sowie den individuellen Weg für die eigene Kommune überhaupt erst zu kennen. Zudem gelänge es nur mit Nachhaltigkeitsmanagement über einzelne Projekte hinaus Nachhaltigkeit grundlegend in die Kerntätigkeiten der Kommunen zu integrieren. Die Erfahrungen aus anderen Kommunen zeigten auf, was bei der Umsetzung der Instrumente im Anschluss zur Erarbeitung helfe: Partizipation der Stadtgesellschaft bei Erarbeitung und Umsetzung als Gewinn anerkennen; Verwaltung, Politik und weitere Akteur*innen, die an einem Strang ziehen; Kommunikation mitdenken. Die Instrumente befänden sich stets in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess, was einerseits die Umsetzung unterstütze und Anpassungen ermögliche, aber gleichzeitig eine Verstetigung notwendig mache.
Raum zum Netzwerken und Erfahrungsaustausch
In der anschließenden Workshoprunde und den Lösungswerkstätten konnten die Umsetzung und Verstetigung der einzelnen Instrumente Strategie, Bericht und Haushalt von den Teilnehmenden näher diskutiert werden. Während in den Workshops inhaltliche Impulse veranschaulichten, wie die Verstetigung in der kommunalen Praxis aussehen kann, wurde in den Lösungswerkstätten gemeinsam überlegt, wie die Umsetzung der einzelnen Instrumente auch bei Bestehen größerer Herausforderungen angestoßen werden kann.
Drei Hebel zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsinstrumente
Um den kommunalen Akteur*innen weitere Hilfestellungen für das kommunale Nachhaltigkeitsmanagement mit an die Hand zu geben, wurden am Nachmittag drei Hebel zur Umsetzung der Instrumente näher beleuchtet:
Marius Albiez vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) stellte als Vertreter des Netzwerk Reallabore der Nachhaltigkeit den Hebel der Experimentierräume vor. Reallabore als transdisziplinäre Experimentierräume seien eine Einrichtung, in der Wissenschaft und Gesellschaft gemeinsam forschen, Nachhaltigkeit vor Ort anstoßen und lernen. Kommunen seien spannende Partner für die Wissenschaft, da die Kommunen den „realen Raum“ bilden, in dem das Reallabor stattfinde, und sich viele Reallabor direkt mit der nachhaltigen Gestaltung von Nachbarschaften, Quartieren und Städten beschäftigten. Reallabore erlaubten dabei, Neues auszuprobieren und die Lebenswelt in der Kommune explizit zu berücksichtigen.
Christine Krüger von der Zukunft-Umwelt-Gesellschaft und Jan Simeon Jöres von der NRW.BANK stellten Möglichkeiten im Bereich Förderung und Finanzierung von Nachhaltigkeit vor. Christine Krüger verwies auf die Förderprogramme mit Bezug zur Nachhaltigkeit der Z-U-G und erläuterte das Programm „Kommunale Modellvorhaben zur Umsetzung der ökologischen Nachhaltigkeitsziele in Strukturwandelregionen (KoMoNa)“, zu dem es im Frühjahr 2026 einen neuen Förderaufruf geben wird. Jan Simeon Jöres nannte Werkzeuge, um sich im Förderdschungel zurechtzufinden, und stellte weitere Förderprogramme mit Bezug zur Nachhaltigkeit vor. Als zentrale Tipps gaben die beiden Expert*innen den Teilnehmenden mit: Sprechen Sie frühzeitig mit der Förderstelle – auch wenn nur eine erste Projektidee besteht -, nutzen Sie die bestehenden Beratungsangebote und insbesondere für kleinere Kommunen: Tun Sie sich mit anderen Kommunen zusammen!

Den letzten Hebel des Wissenstransfers stellten Dr. Verena Rossow vom Institut für sozial-ökologische Forschung und Jasmin Gesing von der LAG 21 NRW vor. Dr. Verena Rossow berichtete aus dem Projekt WissTransKlima, in dem untersucht wurde, welches Wissen zum Thema Klimaanpassung in hessischen Kommunen besteht und welcher Unterstützungsbedarf in den Kommunen gesehen wird. In den Forschungsergebnissen wird deutlich, dass es Unterschiede in der organisatorischen Verankerung von Klimaanpassung je nach Größe der Kommune gebe, was mit verschiedenen Bedarfen an Wissenstransfer einhergehe. Als eine Möglichkeit, Wissen zur Nachhaltigen Entwicklung in die Kommunen zu bringen, stellte Jasmin Gesing den Qualifizierungslehrgang „Kommunales Nachhaltigkeitsmanagement NRW“ vor. Das Blended Learning-Angebot biete zu einer breiten Themenvielfalt Module mit aufbereitetem Hintergrund- und Praxiswissen, Nachschlagemöglichkeiten sowie Erfahrungsaustausch für kommunale Mitarbeitende. Die Vielfalt der Module zeige aber auch, dass es sich bei Nachhaltiger Entwicklung um eine Querschnittaufgabe handele, für die es in der gesamten Verwaltung ein Grundbewusstsein geben müsse, um integrierte und ganzheitliche Lösungsansätze finden zu können.
In ihrem Schlusswort betonte Mona Rybicki, die durch die gesamte Tagung führte, dass die Nachhaltigkeitsinstrumente zwar eine wichtige Grundlage seien, das Nachhaltigkeitsmanagement dadurch aber keinesfalls zum Selbstläufer werde. Wichtig sei daher ein kontinuierlicher Austausch, um voneinander lernen zu können. Das eigene Netzwerk sei häufig größer als man denke – man müsse die Menschen nur ansprechen. Im Anschluss an das abwechslungsreiche Programm konnten die Teilnehmenden bei Kaffee und Kuchen weiterdiskutieren, netzwerken und eine spannende Tagung ausklingen lassen.