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Nachhaltigkeit steuerbar machen: Interview zum kommunalen Nachhaltigkeitshaushalt in Bonn

Foto: Frommann

Margarete Heidler, Kämmerin der Stadt Bonn, berichtet im Interview über Erfolge im Projekt "Kommunaler Nachhaltigkeitshaushalt" und wie echtes Umsteuern in Kommunen gelingen kann.

Viele Kommunen stehen vor der Herausforderung knapper Kassen - und klammern in Folge Nachhaltigkeit als „on top“-Ausgabe aus. Doch nur, wenn Nachhaltige Entwicklung auf lokaler Ebene umfassend in die kommunalen Kernaufgaben integriert wird, gelingt die Transformation hin zur zukunftsfähigen Kommune. Mit dem Projekt „Kommunaler Nachhaltigkeitshaushalt“ wird ein Modell weiterentwickelt, in dem Haushalt und Nachhaltigkeitsziele in der Kommune verknüpft werden, um wirkungsorientierte Nachhaltigkeitssteuerung zu etablieren.

Die Stadt Bonn hat diesen Prozess bereits in der zweiten Phase des Projekts begonnen und in diesem Zuge erste Pilotämter umgestellt. In der aktuell dritten Phase geht Bonn als Modellkommune voran und erprobt die Etablierung des Nachhaltigkeitshaushaltes über den gesamten kommunalen Haushalt. Zudem werden Begleitprozesse in den Bereichen Kommunikation, Anwendung in der Verwaltung sowie Einbindung der Politik entwickelt, um den neuen Steuerungsansatz in der Praxis zu verankern. Wie dies gelingt, darüber sprachen wir mit Margarete Heidler, Kämmerin der Stadt Bonn.

Wieso hat sich die Stadt Bonn zur Teilnahme am Projekt "Kommunaler Nachhaltigkeitshaushalt" entschieden?

Aufgrund der überaus guten Erfahrungen in unserer ersten Projektphase mit der LAG 21 NRW und der KPMG „Kommunaler Nachhaltigkeitshaushalt in ausgewählten Bereichen“ hat der Verwaltungsvorstand die Bewerbung für die 3. Phase einstimmig beschlossen und darüber hinaus ausdrücklich begrüßt. Das Angebot, die Expertise und die Begleitung der LAG bis zur vollständigen Umsetzung des wirkungsorientierten Nachhaltigkeitshaushalts in Bonn ist auch für mich verlockend, so dass ich dieses Projekt voll unterstütze.

Was genau verstehen Sie in Bonn unter einer wirkungsorientierten (Nachhaltigkeits-)Steuerung und was erhoffen Sie sich davon?

Wir erhoffen uns von der Verknüpfung von Nachhaltigkeits- und Wirkungszielen mit dem Haushalt eine genaue Zuordnung von monetären Mitteln für das Erreichen einzelner strategischer, operativer sowie Nachhaltigkeitsziele. So wird Nachhaltigkeit und Wirkung gesamtheitlich in die Planung und Steuerung der Bundesstadt Bonn z. B. Ratsinformationssystem/SDGs und Auftragsvergabe integriert. Im Erläuterungsband der Bundesstadt Bonn werden in den wirkungsorientiert aufgestellten Produktgruppenbeschreibungen diese strategischen und operativen Ziele zusammen mit den dazugehörigen Ressourcenzielen dargestellt und stehen darüber hinaus auch in der webbasierten IKVS-Anwendung zur Verfügung.

Foto: Giacomo Zucca / Bundesstadt Bonn

Wo liegen für Sie die größten Hürden, um ein echtes „Umsteuern“ im Sinne einer Nachhaltigen Entwicklung zu erreichen?

Eindeutig in den Köpfen aller Akteure. Die Einführung des wirkungsorientierten Haushalts ist in erster Linie eine „Personalentwicklungsmaßnahme“ auf allen Ebenen - sowohl für Politik als auch für Verwaltung. Sie muss in erster Linie „in den Köpfen“ aller Akteure stattfinden, nämlich in allen Bereichen des Handelns Nachhaltigkeit und Wirkungsorientierung mitzudenken. Also eine gewaltige Herausforderung und ein langer Weg, der nur mit Ausdauer, großem Einsatz, viel Engagement und vertrauensvoller Zusammenarbeit erfolgreich zurückgelegt werden kann.

In dieser Projektphase stehen neben dem gesamten Haushalt auch Begleitprozesse auf dem Programm – warum sind Kommunikation, Anwendung in der Verwaltung und Einbindung der Politik für einen wirkungsorientierten Nachhaltigkeitshaushalt wichtig?

Die Einführung des wirkungsorientierten Haushalts bei der Bundesstadt Bonn muss in enger Zusammenarbeit zwischen Politik und Verwaltung erfolgen. Unser Modellprojekt basiert auf dem strategischen Managementansatz der KGSt und einer Steuerung mit vier Leitfragen, der Politik und Verwaltung zu Partnern bei der Definition und Umsetzung strategischer und operativer Zielsetzungen macht. Im Vordergrund steht das Bild „Wir sitzen alle zusammen in einem Boot“, wobei Politik die Richtung/Strategie vorgibt und die Verwaltung deren Operationalisierung vornimmt. Die Zusammenarbeit erfolgt in der Interfraktionellen Projektgruppe „Wirkungsorientierter Haushalt und Haushaltsverfahren“ IFPG. Kommunikation zwischen allen beteiligten Akteuren ist also für das Gelingen aller Prozesse unverzichtbar.

Vor dem Hintergrund der aktuellen weltpolitischen Lage und mit Blick auf Energiekrise und drohende Inflation – ist das Modell auch ein Ansatz in Zeiten knapper Kassen?

Fest steht, dass jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann, das ist auch bei diesem Modell so. Gerade in Zeiten knapper Kassen ist dieses Modell jedoch sehr gut geeignet, um im Kampf um die knappen Ressourcen über strategische und operative Zielsetzungen eine Priorisierung von Maßnahmen herbeizuführen, für die letztendlich der Rat im Haushaltsplan Haushaltsmittel zur Verfügung stellt. Darüber hinaus sind die „Bindungsgrade“, also der Grad der Verpflichtung der Gemeinde zur Leistung einer Ausgabe von besonderer Bedeutung. Hier wird jeder Euro des Haushaltsplans der Bundesstadt Bonn einem der sieben Bindungsgrade zugeordnet, so dass auch hierüber der Haushalt klar priorisiert und klassifiziert ist.

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