Rückblick: Nachhaltigkeitsgerichtstag bringt Flächennutzung in die Diskussion
Am 11. Dezember 2024 fand unser Nachhaltigkeitsgerichtstag rund um rechtliche Rahmen einer multifunktionalen und nachhaltigen Flächennutzung in der Hörder Burg in Dortmund statt. Eindrücke vom Tag finden Sie hier.
„Bei diesem Format wollen wir Expert*innen zusammenbringen, die sich sonst nicht treffen – aber deren Kooperation essenziell für das Gelingen nachhaltiger Flächennutzung ist!“ So umriss Dr. Klaus Reuter, geschäftsführender Vorstand der LAG 21 NRW, in seinen Grußworten die Idee hinter dem Nachhaltigkeitsgerichtstag. Er betonte, dass die Herausforderungen für die Fläche riesig seien und zahlreiche Akteursgruppen berechtigte Interessen an ihrer Nutzung hätten. „Oft ist es ein Gegeneinander – und die Konflikte überschatten die Notwendigkeit für nachhaltige Lösungen.“
Neues Denken für alte Konflikte
Auch Dr. Dorothea Morgenweg, als Vertreterin der Fördergeber vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes NRW, sprach die Konkurrenzen bei der Flächennutzung etwa zwischen Energiegewinnung, Landwirtschaft und Biodiversitätserhalt an – und wies darauf hin, dass diese inhärent menschengemacht seien. Hinsichtlich der NRW-Nachhaltigkeitsstrategie zeigte sie zahlreiche Verbindungen der Zielsetzungen mit der Flächennutzung auf, etwa bezüglich Landwirtschaft oder Biotopverbünden. Mit Blick auf die kommunale Ebene gelte dies etwa auch für die Korrelation zwischen kommunaler Flächennutzung und kommunaler Finanzierungsgrundlage durch Gewerbesteuern. Es brauche Arenen wie den Gerichtstag, um interdisziplinäre Lösungen ausfindig zu machen.
Rettungsringe für die Lebensgrundlage Boden
Vor der konzentrierten Lösungssuche in vier Arbeitskreisen stimmte Christiane Grefe die Teilnehmenden mit einer Keynote ein. „Ohne Böden ist alles nichts“ konstatierte die Journalistin und Autorin. Sie benannte drei Schlüssel für eine Wende bei der Flächennutzung:
- Zusammendenken (verschieden Personengruppen und Nutzungsarten)
- Lassen (Fläche benötigt Raum und Zeit zur Erneuerung, manche Flächen sollten wir einfach nicht nutzen)
- Sich begnügen (Konsumansprüche überdenken und senken)
Zudem wies Grefe darauf hin, dass man sich beim Thema nicht vor Komplexitäten scheuen dürfe - vielschichtige Probleme bräuchten vielschichtige Antworten! Dazu nannte sie erfolgsversprechende Ansätze: Den Boden zum Debattenthema machen, durch Bildung Naturbewusstsein schaffen, durch Kommunikation Mehrgewinne erzeugen, politische Instrumente (wie Steuern, Verbote, Anreize) einsetzen oder die Verschärfung von Forderungen und Zielformulierungen.
Arbeitskreise für konkrete Herausforderungen der Flächennutzung
Das Herz der Veranstaltung bildeten vier Arbeitskreise. Mit jeweils einer Workshopleitung und Impulsgebenden diskutierten die Teilnehmenden kritisch-konstruktiv auf hohem Niveau und mit großer Detailschärfe zu vier zentralen Themen:
- Mehr Wohnungsbau mit weniger Flächenfraß – rechtliche Grundlagen für eine sozial-ökologische Bauwende
- Verankerung von Multifunktionalität im Planungsrecht/ Raumordnungsgesetz
- Ziele zur Reduktion der Flächeninanspruchnahme: Vom Landesentwicklungsplan zum Bauleitplan
- Gemeindeeinnahmen und Finanzen als Steuerungsinstrument für Nachhaltige Flächennutzung
Die Arbeitsergebnisse dieser vier Workshops arbeiten wir in Form einer ausführlichen Dokumentation sowie als Handlungsempfehlungen auf, die an die Landesregierung versandt sowie in unsere vielfältigen Netzwerkaktivitäten einfließen werden – zur Veröffentlichung informieren wir Sie in Kürze auf unserer Homepage. Abonnieren Sie gerne auch unseren Newsletter, um kein Update zu verpassen (Link).
Bevor die Teilnehmenden am Nachhaltigkeitsgerichtstag sich bei einem Poster-Walk über die Ergebnisse der jeweils anderen Arbeitskreise informierten, gab es noch zwei Impulse mit dem Fokus auf Rechtsfragen.
Rechtsrahmen für die Fläche in der Verhandlung
Maximiliane Mittelstaedt (Staatskanzlei NRW) informierte über (verfassungs-)rechtliche Rahmenbedingungen für nachhaltige Flächennutzung. Sie wog ab, welche Verrechtlichungen des Nachhaltigkeitsgebots, insbesondere für Flächenfragen, erfolgsversprechend wären. Als beste Wahl betitelte sie abschließend die Formulierung eines Staatszieles Nachhaltigkeit, welches eine Abwägungsverpflichtung bei jeder staatlichen Entscheidung brächte.
Über rechtliche Möglichkeiten und Grenzen beim Umweltschutz durch multifunktionale Flächennutzung informierte Prof. Dr. Wolfgang Köck (Professor für Umweltrecht an der Uni Leipzig, Mitglied des Sachverständigenrates für Umweltfragen, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung). Er hob hervor, dass die planetaren Belastungsgrenzen einen strikten Rahmen vorgäben. Da deren Einhaltung unausweichlich sei, müsse diese wirtschafts- und sozialverträglich erfolgen! Dazu brauche es einen gestaltenden Staat, effektivere Steuerungsinstrumente oder auch die Einhaltung von Geboten der Verhältnismäßigkeit sowie der gerechten Abwägung und Konfliktbewältigung im Planungsrecht.
Transformation für die Flächennutzung bleibt unausweichlich
Die Veranstaltung schloss erneut Dr. Klaus Reuter mit einem Rückgriff auf eine vergangene Aussage von Prof. Dr. Wolfgang Köck: „Die sozial-ökologische Transformation wird sich an unserem Umgang mit der Fläche entscheiden!“ Er forderte Experimentierräume und das konsistente Mitdenken von Finanzierungssystemen. Als Ausblick gab er den positiven Eindruck, dass sich alle Anzeichen einstellen würden, dass der Markt Nachhaltigkeit in den kommenden Jahren fördern werde - und dies den Wandel anschieben werde.
Die konkreten Handlungsempfehlungen der Arbeitskreise veröffentlichen wir in Kürze.