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Momentum nutzen und Nachhaltigkeit zum Staatsziel machen: Nachbericht zur Fachveranstaltung „Nachhaltigkeit in der NRW-Landesverfassung: Schlagkraft für die notwendige Transformation?“

Welche Rolle nehmen rechtliche Rahmenbedingungen bei der notwendigen sozial-ökologischen Transformation ein und wo steht NRW hinsichtlich der Integration von Nachhaltigkeit in seine Landesverfassung? Auf unserer Fachveranstaltung haben wir Antworten gesammelt.

Über 60 Teilnehmende verfolgten am 28. Mai die Beiträge der geladenen Expert*innen. In Vertretung von Prof. Dr.-Ing. Oscar Reutter präsentierte Michaela Roelfes vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH Diskussionsstand und Handlungsempfehlungen zur Aufnahme der Nachhaltigkeit in die Landesverfassung NRW. Grundlage dafür war ein kürzlich dazu veröffentlichtes Rechtsgutachten von Prof. Dr. Dr. Wolfgang Kahl, das das Wuppertal-Institut in Auftrag gegeben hatte.

Wieso gehört Nachhaltigkeit in die Verfassung?

Kahl stellt darin ausschlaggebende Gründe für die Aufnahme von Nachhaltigkeit in die Landesverfassung vor. So sei Nachhaltigkeit ein langfristiges und existenzielles Gesellschaftsanliegen, das sich mit dem Gemeinwohlauftrag des Staates überschneide. Nachhaltigkeit in der Verfassung könne die dafür nötigen und oft fehlenden strukturellen Anreize fördern.

Wie kann Nachhaltigkeit erfolgreich in der Verfassung integriert werden?

Klicken Sie hier, um das Fachgutachten herunterzuladen.

Ein weiterer zentraler Punkt im Gutachten ist die Empfehlung, Nachhaltigkeit als Staatsziel in der Verfassung zu verankern. Der abstrakte und Orientierung gebende Charakter des Staatsziels passe dabei zum Komplexitätscharakter von Nachhaltigkeit, der konstant Abwägungen und damit politische Entscheidungen erfordere. Die mit dem Staatsziel verbundene Pflicht der Exekutive und Legislative zur konstanten Evaluierung und Nachbesserung ermögliche Anpassung an sich verändernde Gegebenheiten.

Wichtiger Hinweis aus dem Gutachten: mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in NRW und dem daraus entstehenden Zeitdruck sollten schon jetzt entsprechende Vereinbarungen zwischen allen potenziellen zukünftigen Regierungsparteien für Koalitionsverträge formuliert werden.

Podiumsdiskussion: Nachhaltigkeit in der NRW-Landesverfassung als Transformationskatalysator?

In der anschließenden Podiumsdiskussion, die von Klaus Breyer, Leiter des Instituts für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen, moderiert wurde, hoben die Teilnehmenden mehrmals das “window of opportunity” hervor, das sich aktuell geöffnet habe. Durch das kürzliche Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutzgesetz und auch durch den präsenten Einsatz der Fridays for Future Bewegung gebe es ein Momentum, das ausgenutzt werden sollte, um eine Verfassungsänderung anzuschieben.

Michaela Roelfes empfahl Akteur*innen der Zivilgesellschaft, jetzt laut zu werden, für die Sache einzutreten und Lobbyarbeit zu betreiben.

Ulrike Schell aus der Verbraucherzentrale NRW betonte, dass die Entscheidung für eine Verfassungsänderung keinen Parteienkampf hervorrufen dürfe - Politik solle vielmehr parteiübergreifend an einem Strang ziehen. Zudem, so Schell, müsste der Prozess mit viel Bürger*innenpartizipation als offener Diskurs stattfinden.

Teilnehmende der Podiumsdiskussion

Für eine konstruktive Umsetzung als Gemeinschaftswerk sprach sich auch Dr. Dorothea Schostok aus, Leiterin des Referats „Nachhaltige Entwicklung, Koordinierung Nachhaltigkeitsstrategie NRW, Umwelttrends“ des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW. Schostok regte zudem einen Erfahrungsaustausch mit nationalen und internationalen Vorreitern an.

Einen Einblick in den Prozess der Verfassungsänderung in Thüringen u.a. zur Aufnahme von Nachhaltigkeit als Staatsziel gab Josef Ahlke, Vorstandsvorsitzender Zukunftsfähiges Thüringen e.V. und Leiter von RENN.mitte. Ahlke wies vor dem Hintergrundg der Debatten in Thüringen darauf hin, dass Nachhaltigkeit eine starke Formulierung brauche, um nicht nur eine Worthülse in der Verfassung zu sein.

Spannende Impulse aus dem Publikum

Auch die Teilnehmenden brachten über den Chat spannende Impulse in die Diskussion ein, die Ines Kammeier von der LAG 21 NRW als "Anwältin des Publikums" vortrug. So wurde darauf hingewiesen, dass Nachhaltigkeit in der Landesverfassung auch einen Impuls ins nordrhein-westfälische Bildungssystem senden könne. Infrage gestellt wurde, ob eine schwache Formulierung die daraus abgeleiteten operative Ziele nicht „schwammig und unkonkret“ machen könne. Vorgeschlagen wurde darüber hinaus eine Adressierung der Jugendorganisationen aller Parteien, um eine “Allianz der zukünftigen Generationen” als Initiative im Landtag zu bringen.

Die „Nachhaltigkeitslücke“ schließen

Abschließend sprach Dr. Marc-Oliver Pahl, Generalsekretär des Rates für Nachhaltige Entwicklung dazu, welche Bedeutung das Schließen der „Nachhaltigkeitslücke“ im Grundgesetz und der NRW-Landesverfassung für eine gelingende Dekade des Handelns haben kann. Wichtig sei vor allem, das Thema Verfassungsänderung immer mit konkreten Maßnahmen zur Zielerreichung von Nachhaltigkeitsstrategien umzusetzen.

Dr. Klaus Reuter, Geschäftsführer der LAG 21 NRW, schloss die Veranstaltung mit dem Hinweis, dass die Diskussionen in den kommenden Wochen und Monaten intensiv fortgeführt werde.

Das juristische Fachgutachten zur Aufnahme der Nachhaltigkeit in die Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen von Prof. Dr. Dr. Wolfang Kahl können Sie hier einsehen.

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