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Klimaschutz gemeinsam angehen: Marcus Püster, Bürgermeister der Gemeinde Schlangen, im Interview

Was bewegt die Mitglieder der LAG 21 NRW? Wie setzen sie sich für Nachhaltige Entwicklung ein? Diesmal: Marcus Püster, Bürgermeister der Gemeinde Schlangen.

Die Gemeinde Schlangen in Ostwestfalen-Lippe hat sich auf den Weg gemacht, Nachhaltigkeit zur Prämisse des kommunalen Handelns zu machen. Welche Schritte dafür genommen werden, wie Klimaschutz im Miteinander statt über Verbote angegangen wird und welches aktuelle Projekt sich andere Kommunen unbedingt abschauen sollen, verrät der Schlänger Bürgermeister Marcus Püster im Gespräch.

Welche Themen einer Nachhaltigen Entwicklung gelingen bereits besonders gut in der Gemeinde Schlangen?

In der Gemeinde Schlangen haben wir seit einiger Zeit den sehr engagierten „Arbeitskreis Nachhaltigkeit“. Dieser setzt sich aus Ehrenamtlern zusammen und arbeitet überparteilich. Die bislang vom Arbeitskreis eingeführten Projekte sind sehr gut gestartet und werden von den Bürgerinnen und Bürgern super angenommen. Zu den Projekten zählen u.a. eine solidarische Landwirtschaft, die Einrichtung eines Naschgartens, das Reparatur-Café „Rettungsbrot“, sowie verschiedene Umweltbildungsangebote und Ferienspiele. Als Bürgermeister habe ich den Arbeitskreis direkt mit Beginn meiner Amtszeit ins Leben gerufen. Die Verwaltung unterstützt den Arbeitskreis wo immer möglich. Ziel ist es, den Arbeitskreis weiter zu professionalisieren und die Arbeit zu verstetigen. Dazu gehört u.a. eine Legitimation durch Verwaltung und Politik.

Welche spezifischen Herausforderungen gibt es für die Gemeinde?

Der "Klima Cube" ist das Büro des Klimaschutzmanagements und Anlaufstelle für Bürger*innen.

Zentrale Themen bzw. Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung in der Gemeinde Schlangen sind aus meiner Sicht eng mit den Themen Mobilität und Versorgung verknüpft. Denn neben unserer Kerngemeinde, in der z.B. der Einzelhandel, die ärztliche Infrastruktur, etc. angesiedelt sind, gibt es mit Kohlstädt und Oesterholz-Haustenbeck zwei Ortsteile, die weniger gut ausgestattet sind. Es muss uns gelingen, den Menschen aus allen Ortsteilen generationsübergreifend Zugang zu Infrastruktur und Dienstleistungen zu gewährleisten. Hier sind intelligente, zukunftsfähige Lösungen gefragt, wobei wir jedoch auch immer den Aspekt der Nachhaltigkeit berücksichtigen müssen. So sind wir im Moment dabei, die Nahmobilität zu stärken und die Radinfrastruktur im Ort zu verbessern. Unsere Ortsteile liegen nicht so weit auseinander, als dass man viele Wege nicht mit dem Rad erledigen könnte. Darüber hinaus erarbeiten wir im Moment ein neues Einzelhandelskonzept. Auch hier müssen wir meiner Ansicht nach die Aspekte der Nachhaltigkeit in allen Planungen berücksichtigen und verankern. Mit den Herausforderungen der Klimakrise ändert sich auch vieles in den ländlich geprägten Regionen. Dies müssen wir ständig mitdenken und bei allen Entscheidungen muss dies präsent sein. Da arbeiten wir dran.

Wie werden in Schlangen Nachhaltigkeit und die SDGs in die Strukturen der Verwaltung integriert?

Hier stehen wir im Moment noch ziemlich am Anfang. Aber mit der angestrebten Professionalisierung des Arbeitskreises und der angesprochenen „Legitimation“ der Nachhaltigkeitsarbeit, möchten wir das Thema auch entsprechend fest in unseren Strukturen verankern. Das Schöne an den SDGs ist ja, dass sie sowohl international einen Rahmen, bzw. Leitgedanken für die „große“ Nachhaltigkeitsarbeit vorgeben, der aber auch gleichermaßen die Arbeit in einer ländlichen Gemeinde in Ostwestfalen-Lippe beeinflussen, bereichern und lenken kann.

Klimapfad am Schlänger Bach.

Die Gemeinde hat einen eigenen Klimaschutzpreis für Bürger*innen, Vereine und Unternehmen aus Schlangen ausgerufen. Was ist die Zielsetzung des Wettbewerbs, was erhofft sich die Gemeindeverwaltung?

Uns ist bewusst, wie wichtig das Thema Klimaschutz ist. Erfolgreich meistern können wir die Herkulesaufgabe Klimaschutz allerdings nur, wenn wir die Bürgerinnen und Bürger, die lokalen Vereine, Unternehmen, Schulen und KiTas mitnehmen und aktiv in die Klimaschutzarbeit einbinden. Akzeptanz für Maßnahmen und Veränderungen schaffen ist hier ein zentraler Hebel, den man allgemein ansetzen muss. Gemeinsam miteinander am Klimaschutz arbeiten ist natürlich besser, als mit Verordnungen oder Verboten zu drohen. Und die Menschen sind bereit, etwas zu tun und es gibt bereits viele großartige Beispiele dafür. Der Klimaschutzpreis ist in erster Linie natürlich ein Ansporn und eine Würdigung für das Engagement und Projekte in diesem Bereich. Der Preis bietet aber auch eine gute Gelegenheit, auf laufende und oft unbekannte Projekte hinzuweisen. Denn es gibt auch in der Gemeinde Schlangen bereits eine Menge sogenannter „Hidden Champions“. Sei es die Energieeinsparung in Unternehmen, der Rückbau privater Schottergärten, oder die Auffangstation für verwaiste und verletzte Eichhörnchen. Viele dieser oftmals unbekannten Maßnahmen haben Vorbildcharakter und können die Bürgerinnen und Bürger motivieren, selbst etwas zu tun. Und mit dem Klimaschutzpreis können wir den Projekten eine angemessene Bühne bieten.

Von welchen weiteren Projekten, die die Gemeinde umsetzt oder umgesetzt hat, könnten sich auch andere Kommunen etwas abschauen?

Posterserie am Klimapfad.

Wir haben tatsächlich vor Kurzem ein Projekt umgesetzt, bei dem wir uns wünschen und hoffen, dass andere Kommunen sich das abschauen. Es geht um das Projekt „Klimawissen für alle – was Du über das Klima wissen solltest“. Dabei handelt es sich um eine Posterserie der Vereinten Nationen, die das Thema Klima bzw. Klimawandel in Bezug zu allen 17 Zielen, den SDGs, setzt. Konkret sieht das so aus, dass entlang des Schlänger Baches ein außerschulischer Lernort mit permanent installierten Postern entstanden ist. Zu jedem SDG gibt es dort ein Poster, was das jeweilige Entwicklungsziel mit dem Thema Klima in Verbindung bringt. Dort erfährt man, was beispielsweise Themen wie „Geschlechtergleichheit“ oder „Nachhaltiger Konsum“ mit Klimaschutz zu tun haben. Die von verschiedenen UN Organisationen entwickelte Posterserie wurde zunächst für den asiatisch-pazifischen Raum konzipiert. Inzwischen gibt es die Druckvorlagen der Poster in verschiedenen Sprachen zum kostenlosen Download. Die Gemeinde Schlangen war gemeinsam mit der UNESCO und der Michael Succow Stiftung an der Umsetzung der deutschsprachigen Version beteiligt. In Kürze stehen diese Daten auch im BNE Portal zur Verfügung. Jede Kommune oder Bildungseinrichtung ist eingeladen, daraus eine eigene permanente oder temporäre Ausstellung zu machen.  Es haben sich bereits Kommunen und Einrichtungen bei uns gemeldet, die die Posterausstellung für sich nutzen möchten.

Eine weitere Maßnahme, die vielleicht Schule machen könnte, ist unser Ansatz, die SDGs möglichst oft visuell im kommunalen Umfeld zu nutzen. So hat unser Klimaschutzmanagement verschiedene Displays gestaltet, die jeweils ein SDG mit dem Zusatz „17 Ziele für eine global nachhaltige Gemeinde Schlangen“ zeigen. Das besondere an diesen Displays ist, dass es sich um bedruckte Sperrholzplatten handelt, die nachhaltig produziert wurden.

Die Gemeinde Schlangen ist vor Kurzem Mitglied bei der LAG 21 NRW geworden – wieso haben Sie sich für einen Beitritt entschieden und welche Erwartungen sind daran geknüpft?

Die letzten Wochen haben leider wieder gezeigt, mit welch rasantem Tempo sich unser Klima verändert und welche gravierenden Folgen dies auf die Menschen, die Natur und den Planeten insgesamt hat. Die Klimakrise ist allerdings nur eines der großen Probleme. Zeitglich haben wir es z.B. mit einer Biodiversitätskrise zu tun. Wir Menschen nutzen die Ressourcen auf unserem Planeten weit über ein tragfähiges Maß hinaus, was zu vielen weiteren Problemen führt und in einem Teufelskreis enden kann. Wir müssen lernen, wesentlich nachhaltiger zu leben, zu handeln und zu wirtschaften, um uns eine für die Menschheit lebensfähige Erde zu erhalten. Durch unsere Mitgliedschaft in der LAG 21 NRW möchten wir nicht nur zeigen, dass wir uns den Entwicklungszielen verpflichtet fühlen. Wir möchten mit unserer Mitgliedschaft Teil eines Netzwerkes werden, in dem wir als Kommunen voneinander lernen und profitieren können. Wir müssen Nachhaltigkeit als Normalität verstehen und erhoffen uns durch die Mitgliedschaft neue Impulse und Ideen für die Umsetzung.

Mehr Infos aus Schlangen hier.

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