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Im Gespräch: Kreis Steinfurt über Auszeichnung als „Klimaaktive Kommune 2020“ und Erfolgsfaktoren einer kommunalen Nachhaltigen Entwicklung

Teilnehmende im Projekt | Foto: Kreis Steinfurt

„Wir erleben die Erntezeit einer langen Vorarbeit“, sagt Silke Wesselmann, Amtsleiterin für Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Kreis Steinfurt, zur jüngsten Auszeichnung des Kreises als „Klimaaktive Kommune 2020“. Im Interview spricht sie über das prämierte Projekt „Klimaschutzbürger 2.0“, notwendige Werkzeuge für Nachhaltige Entwicklung und das Steinfurter Erfolgsgeheimnis im Bereich Nachhaltigkeit.

Der Kreis Steinfurt wurde als „Klimaaktive Kommune 2020“ ausgezeichnet – das Projekt „Klimaschutzbürger 2.0“ konnte sich gegen 176 Bewerber durchsetzen. Was steckt dahinter?

Im Projekt „Klimaschutzbürger 2.0“ geht es darum, Klimaschutz im Alltag mit echten Menschen zu erproben. Dazu haben wir ein Jahr lang 18 teils sehr unterschiedliche Haushalte begleitet, die mehr Klimafreundlichkeit in ihren Alltag integrieren wollten. Von uns gab es über einen Zeitraum von 13 Monaten Workshops, Messungen des CO2-Fußabdrucks oder Aktionen wie Klimakochkurse oder Fahrtrainings zum Spritsparen und weitere zu den Themenfeldern „Ernährung und Konsum“, „Mobilität“ sowie „Energiesparen und Wohnen“. Die Teilnehmenden konnten auf Instagram über ihre Erlebnisse berichten und haben sich zudem selbst über WhatsApp zum Austausch vernetzt. Das „2.0“ steht deshalb nicht nur für die zweite Runde des Projekts, das erstmals 2013 lief, sondern auch für die digitale Komponente nach der Devise „Tue Gutes und rede darüber“. Wer mehr über das Projekt erfahren möchten, kann gerne einen Blick in unseren ausführlichen Abschlussbericht werfen.

Der Erfolg wird mit 25.000 Euro prämiert – wohin fließt das Geld?

Die 25.000 Euro wollen wir nutzen, um das Projekt fortzuführen und weiterzuentwickeln. Die Version 3.0 soll dabei noch eine Stufe weitergehen und Bürger und Bürgerinnen mit Unternehmen vernetzen. Dann geht es etwa um Urlaubsplanung, klimafreundlichen Konsum, regionalen und verpackungsfreien Einkauf und mehr. Es wird individueller und es sollen noch mehr Haushalte mitmachen, die sich vernetzen und Angebote wahrnehmen. Für das Gelingen unserer Klimaziele – aktuell der bis 2050 – brauchen wir alle gesellschaftlichen Akteure im Boot, insbesondere auch Bürgerinnen und Bürger. Im Idealfall könnte es irgendwann ein Selbstläufer werden – wobei es auch immer Impulse und Raum braucht, weswegen unsere Betreuung dauerhaft bleiben wird.

Silke Wesselmann

Die Auszeichnung als „Klimaaktive Kommune 2020“ ist nicht der einzige Erfolg des Kreises – auch im Wettbewerb „Modellregion Wasserstoffmobilität“ konnte eine Förderung von 350.000 Euro gewonnen werden. Gibt es ein Steinfurter Erfolgsgeheimnis?

Unser Geheimnis ist sicher, dass wir die Strukturen für solche Erfolge sehr lange aufgebaut haben. Wir sind schon seit 22 Jahren am Thema der Nachhaltigen Entwicklung dran und entwickeln uns seit den Anfangstagen mit einem Agenda21-Büro stetig weiter. 26 Mitarbeitende sind inzwischen in diesem Bereich tätig, das Team ist mit seinen Kompetenzen breit aufgestellt – auch in Bewerbungsprozessen kommt daher viel Erfahrung zusammen. Wichtig ist aber auch, dass diese Entwicklungen immer vom Landrat sowie Politik und Verwaltung mitgewollt waren und sind – hier im Kreis Steinfurt braucht es weit weniger Überzeugungsarbeit als in manchen anderen Kommunen, wenn Projekte vorgeschlagen werden. Nun erleben wir die Erntezeit einer langen Vorarbeit.

Was raten Sie anderen Kommunen?

Es braucht ein klares Commitment von Politik und Verwaltung, für Nachhaltige Entwicklung auch das nötige Geld einzusetzen. Klimaschutz- oder Nachhaltigkeitsmanager müssen hauptamtlich eingestellt werden. Das kann keiner nebenbei machen, es reicht eben keine halbe Stelle oder wenn es nach dem Motto „macht das mal nebenbei“ läuft, das kann auf lange Sicht nicht funktionieren.

Die konstante Arbeit an Nachhaltiger Entwicklung im Kreis strebt auf ein ambitioniertes Ziel zu – bis 2050 soll der Kreis Steinfurt bilanziell energieautark und möglichst emissionsneutral sein. Mit welchen Werkzeugen wird auf dieses Ziel hingearbeitet?

Unsere Werkzeuge sind Strategien und Netzwerkarbeit. Wir haben etwa im Rahmen des Projektes Global Nachhaltige Kommune NRW eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt, deswegen sind Nachhaltigkeitsthemen quer durch alle Ämter präsent. Wir haben Ziele, Leitlinien und Maßnahmen definiert und wissen deshalb, wo wir landen wollen. Aus der Strategie wuchs zudem ein Klimaschutzbündnis für den Kreis Steinfurt, welches hilft, die Ziele einzuhalten oder sogar früher zu erreichen – denn das müssen sie ja eigentlich auch!

Wir schauen außerdem stark auf erneuerbare Energien, klimafreundliche Mobilität, Klimafolgenanpassung und Energieeinsparung im Bereich Quartiersmanagement und Gebäudesanierung. Für unser Ziel der klimaneutralen Kreisverwaltung 2030 haben wir eine nachhaltige Beschaffung beschlossen und planen einen interkommunalen Beschaffungsverbund.

Welche bisher nicht angegangenen Herausforderungen in Sachen Nachhaltige Entwicklung stehen für den Kreis Steinfurt als nächstes auf der To-Do-Liste?

Wir wollen uns in 2021 intensiv dem Thema Klimafolgenanpassung widmen. Auch die CO2-Kompensation ist ein großes Thema – dafür sollen Projekte regional und im Globalen Süden umgesetzt werden, damit eine echte Einsparung stattfinden kann. Ich würde mir wünschen, dass sich unser Blick auch auf die Länder richtet, die am stärksten unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden. Wir kümmern uns zudem darum, kreisweite Beteiligungsangebote zu schaffen und den regionalen Einkauf auf Wochenmärkten oder in kleinen Dorfläden zu fördern. Wichtig bei alledem: wir wollen unseren Beirat für Klimaschutz und Nachhaltigkeit neu organisieren und mit diesem Gremium alle relevanten SDGs thematisch besetzen. Damit könnten wir die Nachhaltigkeitsthemen noch besser in unseren Zielen und Projekten beim Kreis verankern.

Hier finden Sie ein Video zum Projekt "Klimaschutzbürger 2.0".

Hier findet sich der Abschlussbericht zum Projekt "Klimaschutzbürger 2.0".

Das Interview wurde am 6.1.2021 von der Pressestelle der LAG 21 NRW geführt.

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