Niederrheinisch nachhaltig: Manfred Böttcher von Grenzlandgrün im Interview
Was bewegt die Mitglieder der LAG 21 NRW? Wie setzen sie sich für Nachhaltige Entwicklung ein? Diesmal: Manfred Böttcher von Grenzlandgrün.
Der linke Niederrhein ist pragmatisch, zupackend, selbstkritisch und an vielen Ecken vorbildlich nachhaltig – findet Manfred Böttcher, der als Beobachter und Gestalter die Nachhaltige Entwicklung der Region mit der Initiative Grenzlandgrün begleitet. Im Interview spricht das langjährige Mitglied der LAG 21 NRW u.a. über Nachhaltigkeitsthemen, die den linken Niederrhein besonders bewegen, was kleine Kommunen besonders stark in der Umsetzung der Transformation macht und die gute Seite ausbleibender Strukturhilfen.
Herr Böttcher, was ist Ihre Definition des Wortes „Nachhaltigkeit“?
Die Summe der Maßnahmen und Handlungen, die dazu beiträgt, die Funktionszusammenhänge der Erde zu stärken und das menschliche Leben besser und gerechter zu machen.
Sie sind seit 2007 Mitglied im Verein LAG 21 NRW. Was war für Sie damals der Grund zum Eintritt?
Ich suchte und fand bei der LAG 21 neue Anregungen und Kontakte für meine politische und erwachsenbildnerische Arbeit. Ich war Mitglied im Gemeinderat, hatte eine Lokale-Agenda-21-Gruppe ins Leben gerufen und arbeitete hauptberuflich in der Erwachsenenbildung, unter anderem im Bereich Nachhaltigkeit.
Was sind Ihre Beobachtungen – was hat sich in NRW in den letzten 16 Jahren in Sachen Nachhaltigkeit verändert?
Erstens gab es mehr Krisenmanagement als die systematische Umsetzung von Nachhaltigkeitskonzepten. Zweitens braucht es manchmal eine gewisse Portion schwarzen Humors, um NRW-Standortpolitik mit einer erfolgversprechenden Nachhaltigkeitsagenda in Einklang zu bringen. Drittens befürchte ich, dass die Komplexität und die Zielkonflikte der notwendigen Transformationen so schwer zu managen sind, dass eine gewisse Nachhaltigkeitsmüdigkeit entsteht.
Mit ihrer Initiative „Grenzlandgrün“ nehmen Sie Nachhaltigkeit am linken Niederrhein in den Blick. Was macht diese Region aus, was fasziniert Sie daran?
Ach, wahrscheinlich haben der poetische und den Menschen zugewandte Humor Hanns-Dieter Hüschs oder der Skeptizismus Jürgen Dahls mein Niederrhein-Konstrukt geprägt. Dennoch glaube ich, dass es bei linksrheinischen Projekten besonders pragmatisch, zupackend und selbstkritisch zugeht. Das hat vielleicht doch etwas mit Geschichte, westlichen Nachbarn oder weiten Landschaften zu tun.
Was läuft aus Ihrer Sicht bereits besonders gut in Sachen Nachhaltige Entwicklung in dieser Region?
Klingt wohl bekloppt, aber es scheint sich positiv auszuwirken, dass hier so gut wie keine Strukturhilfen im Rahmen des Kohleausstiegs fließen. Das führt dazu, dass die Akteure Entwicklungsmöglichkeiten realistischer einschätzen als manche Entscheiderinnen mit den berühmten Dollar-Zeichen vor Augen. Die fachliche Expertise in den kleineren Kommunalverwaltungen und mittelständischen Betrieben ist gut. Der breitere Aufgabenzuschnitt trägt oft dazu bei, die Dinge zusammen zu denken, die in größeren Einheiten in konkurrierenden Abteilungen bearbeitet werden.
Und was sind die größten Herausforderungen für den nachhaltigen Niederrhein?
Klima, Boden, Wasser, ÖPNV, Digitalisierung/KI. Bergrecht, Intensivlandwirtschaft, Stickstoffüberschüsse, industrielle Altlasten, erneuerbare Energieerzeugung oder auch die Zersiedlung müssen wohl neu bewertet werden. Der demografische Wandel könnte sich als die größte Herausforderung erweisen.
Wie sieht Ihre Vision eines nachhaltigen Niederrheins im Jahr 2045 aus?
Erstens werde ich wohl nicht mehr erleben, ob und wie die vielen Wendeszenarien für das magische Jahr 2045 Realität werden. Zweitens geht es jetzt darum, die 2030er Zwischenziele zu erreichen, damit drittens meine Söhne, meine Enkelin und ihre Mitmenschen 2045 ein gutes Leben in nachhaltigen niederrheinischen Stoffkreisläufen genießen können.
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