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GNK NRW-Kommune Kalletal im Interview: "Wir können als gutes Beispiel vorangehen"

Nachhaltig aktiv: Kalletals Bürgermeister Mario Hecker und Klimaschutzmanagerin Henrike Sieker. / Foto: Ramona Lampe

13.000 Einwohner*innen, 16 Ortschaften auf 110 Quadratkilometern, ein Fisch im Wappen und nebenan der Teutoburger Wald: Das ist die Gemeinde Kalletal im Kreis Lippe, idyllisch gelegen im Nordosten Nordrhein-Westfalens. Die Gemeinde hat einen bemerkenswerten Schritt getan: Als Global Nachhaltige Kommune in NRW entwickelt sie eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie und stellt damit die Weichen für die Nachhaltige Entwicklung der Gemeinde.

Bürgermeister Mario Hecker und Klimaschutzmanagerin Henrike Sieker erklären im Interview, wie Kalletal diesen Kraftakt stemmt und wo die Themenschwerpunkte der nachhaltigen Gemeindeentwicklung künftig liegen werden.

Herr Hecker, im Projekt "Global Nachhaltige Kommune in NRW" sind Kommunen verschiedener Größenklassen vertreten. Die Gemeinde Kalletal ist mit 13.000 Einwohner*innen die bislang kleinste. Wie kam es dazu, dass Kalletal das Thema Nachhaltigkeit anpacken will? Was sind hierbei besondere Herausforderungen einer kleinen Gemeinde im ländlich geprägten Raum Ostwestfalen-Lippes?

Mario Hecker: Die Grundlage bildete ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Gemeinde Kalletal aus Mai 2019, der darauf abzielte, die Verwaltung möge sich als Modellkommune im Projekt "Global Nachhaltige Kommune NRW" bewerben. Diesem Antrag folgte der Rat einstimmig, insbesondere, weil Nachhaltigkeit zukünftig als Querschnittsthema bei jeder Fachaufgabe mitgedacht werden soll.

Der Bewerbung folgte dann der Zuschlag durch die SKEW und LAG 21 NRW, worüber wir uns sehr gefreut haben. Eine der größten Herausforderungen ist sicherlich, auch als kleine, ländlich geprägte Kommune nachhaltige und vor allem übertragbare Akzente zu setzen. Das scheint nur durch ein entsprechendes Netzwerk möglich, welches durch das Modellprojekt hervorragend initiiert wird.

Bei der Auftaktveranstaltung der 2. Projektphase von GNK NRW im vergangenen Jahr haben Sie als einen Schwerpunkt für Kalletal das Thema „Soziale Gerechtigkeit“ identifiziert. Welchen besonderen Herausforderungen sieht sich Kalletal hier gegenübergestellt? Was sind weitere Themen, die im Rahmen von GNK NRW angepackt werden sollen?

Mario Hecker: Die Entwicklung der Gemeinde muss zukünftig durch intensiven Einbezug und das Engagement der Bevölkerung geprägt sein, dazu gehört dann insbesondere auch die Beteiligung an Planungsprozessen unter Berücksichtigung von Themenfeldern wie Demografie, Integration und Inklusion. Darüber hinaus werden zukünftig „Nachhaltigkeit“ und „Umweltbildung“ eine zentrale Rolle in unserem Bildungsangebot einnehmen.

Frau Sieker, als Klimaschutzmanagerin der Gemeinde Kalletal koordinieren Sie den GNK NRW-Prozess vor Ort. Dazu ist sehr viel Abstimmung zwischen den einzelnen Arbeitsgremien, zwischen Politik, Verwaltung und der Vielzahl an Gemeindeakteuren notwendig. Wie würden Sie die bisherige Zusammenarbeit in den Gremien beschreiben? Wie schafft man es, die einzelnen Akteure mit ins Boot zu holen?

Henrike Sieker: In Kalletal ist das ehrenamtliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger meiner Wahrnehmung nach grundsätzlich sehr hoch und die einzelnen Akteure sind auf Grund der kurzen Wege untereinander gut vernetzt. Auch das Interesse und das Engagement der Steuerungsgruppenmitglieder aus Institutionen und Vereinen von Kreisebene bzw. regionaler Ebene ist bemerkenswert. Ich könnte mir vorstellen, dass die Chance, das Thema Nachhaltigkeit im lokalen Alltag mitzugestalten, beim Engagement eine Rolle spielt.

Für das Kernteam in einer so kleinen Verwaltung war es mitunter eine Herausforderung, weil die Mitarbeit neben dem täglichen Geschäft doch einen hohen zusätzlichen Arbeitsaufwand darstellte. Dafür wird es zukünftig leichter, weil bereits bestehende Projekte und Maßnahmen mit einem Nachhaltigkeitsbezug jetzt gebündelt vorliegen und als Grundlage für zukünftige Entscheidungen herangezogen werden können.

Eine fachbereichsübergreifende Koordination bei zukünftigen Maßnahmen sorgt für eine zielorientierte Umsetzung und hilft, Doppelarbeit zu vermeiden. Dass das Ziel, allen Bürgerinnen und Bürgern in der Gemeinde zukünftig ein nachhaltiges Leben zu ermöglichen, jeden Fachbereich betrifft, ist, glaube ich, eine wichtige Erkenntnis.  

Das Projekt GNK NRW läuft noch bis März 2021 und endet mit der Verabschiedung der Nachhaltigkeitsstrategie. Obwohl die Umsetzung der Strategie noch nicht begonnen hat: Lassen sich auch heute schon erste Erfolge durch den Prozess erkennen? Wie wirkt sich die Corona-Krise auf den Prozess aus?

Henrike Sieker: Bereits heute werden bei neuen Aufgaben und Projektideen Querbezüge zur zukünftigen Nachhaltigkeitsstrategie hergestellt. So ist Kalletal z.B. seit Neustem FairTrade-Kommune. Hierzu wird gerade fachbereichsübergreifend ein kleines gemeinsames Aktionsprogramm mit Bezügen zu weiteren Themenfeldern, z.B. zu nachhaltiger Mobilität und zukunftsfähiger Gesellschaft, erarbeitet.

Die Corona-Krise hat den Erarbeitungsprozess zunächst ausgebremst, da keine Steuerungsgruppensitzungen mehr möglich waren. Durch das Umsteigen auf digitale Austauschformate konnte der Zeitplan zum Großteil wieder aufgeholt werden.

Herr Hecker, wenn Sie sich ein nachhaltiges Kalletal im Jahr 2030 vorstellen – wie sieht Ihre Gemeinde dann aus? Was hat sich positiv verändert und wie hat die Nachhaltigkeitsstrategie dazu beigetragen?

Mario Hecker: Mir würde es ausreichen, wenn es uns allen bis dahin gelungen ist, erkannt zu haben, dass wirtschaftliches Wachstum nicht unendlich ist und wie wichtig die Entscheidung zur nachhaltigen Ausrichtung zum heutigen Zeitpunkt war, damit wir unser jetziges Tun und Handeln nicht auf dem Rücken unserer Kinder und Enkelkinder austragen. Ein afrikanisches Sprichwort lautet: "Wenn an vielen kleinen Orten viele kleine Menschen viele kleine Dinge tun, wird sich das Angesicht unserer Erde verändern."

Wir können als Gemeinde keine "großen Sprünge" machen, aber als gutes Beispiel vorangehen. Von daher wäre es für mich auch schon ein Erfolg, wenn sich viele kleine Kommunen unserem Beispiel anschließen würden.

Frau Sieker, Herr Hecker, vielen Dank für die Antworten!

 

Die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) von ENGAGEMENT GLOBAL setzt das Projekt "Global Nachhaltige Kommune in NRW" mit der LAG 21 NRW im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung um.

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