Bauen in Kleinstädten: Kommunales Ranking zeigt Wohnraumbedarfe
Die Zeitschrift KOMMUNAL und die CONTOR GmbH ermitteln in einer Analyse den potenziellen Wohnraumbedarf in deutschen Klein- und Mittelstädten. In den bestplatzierten Städten lohne sich das Bauen besonders - doch ist dies auch mit Blick auf die nachhaltige Nutzung von Flächen sinnvoll?
Laut einer Studie der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V. fehlten im Jahr 2022 in Deutschen Ballungsgebieten 700.000 Wohnungen. Mieten steigen, Wohnungen sind umkämpft und insbesondere an bezahlbarem Wohnraum fehlt es. Verzögerungen und Stilllegungen von Bauvorhaben für neuen Wohnraum, Leerstände und Spekulationen verschärfen die Situation.
Neue Analyse rankt Orte nach Wohnraumbedarf
Die Analyse, durchgeführt von der CONTOR GmbH, untersuchte 899 deutsche Klein- und Mittelstädte und rankt diese danach, wie hoch der Druck auf den Wohnungsmarkt sein könnte. Ausschlaggebend dafür sind Indikatoren wie die Einwohnerzahl, Bevölkerungsprognosen oder Bestand und Entwicklung von Wohnungen und Einfamilienhäusern. Platz eins belegt dabei die Stadt Friedland in Nordhessen, unter anderem wegen einer positiven Bevölkerungsentwicklung mit hohem Jugendanteil bei gleichzeitig vergleichsweise geringem Wohnungsbestand. In NRW liegen dabei zwei Orte unter den Top 30: Augustdorf im Kreis Lippe auf Platz 2 und Wickede an der Ruhr auf Platz 24. Hier ist der Wohnraumbedarf besonders hoch. Aus den Ergebnissen schließen die Autor*innen einen besonders hohen Wohnungsbaubedarf in den Städten auf den oberen Rängen.
Gegensätzliche Realitäten
Gleichzeitig steht deutschlandweit auch viel Wohnraum leer. Im Jahre 2022 laut einer Studie der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V. insgesamt 400.000 Wohnungen und Häuser. Dies ist insbesondere in wirtschaftlich weniger dynamischen Regionen der Fall. Und auch in Ballungsgebieten bleibt wertvoller Wohnraum ungenutzt, beispielsweise weil Menschen allein in großen Häusern leben oder weil Wohnungen zweckentfremdet oder als Spekulationsobjekte missbraucht werden.
Fokus auf Wohn- statt Bauwende
Aus der Wohnraumbedarf-Analyse schließen deren Autor*innen, wo es an Wohnraum mangelt und dass dort folglich mehr gebaut werden muss – insbesondere in den Ballungsgebieten. Tritt man jedoch einen Schritt zurück und blickt auf die Entwicklung von Bauen und Wohnen in den letzten Jahrzehnten, so zeigt sich: Trotz knapp sieben Millionen neugebauter Wohnungen in den letzten 25 Jahren und einem Bevölkerungswachstum von nur 1,34 Millionen Menschen im gleichen Zeitraum suchen viele händeringend nach Wohnraum. Weitere Details hierzu lassen sich etwa der Publikation "Der unsichtbare Wohnraum" von Daniel Fuhrhop entnehmen.
Folgt man den Schlüssen des Wohnwendeökonoms Dr. Fuhrhop, wird deutlich, dass es nicht mehr Neubauten braucht, mit denen Flächenversiegelung, zusätzlicher Ressourcen- und Energieverbrauch für den Bau und eine Verdichtung und Ausdehnung von Ballungsgebieten einhergehen. Vielmehr braucht es Umbau und Umnutzung von leerstehenden (Nichtwohn-) Gebäuden und vor allem eine klügere Verteilung des bereits vorhandenen Wohnraums.
Links
Die Analyse hinter dem Wohnbaubedarf-Ranking | Link
Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V. (2023). Status und Prognose: So baut Deutschland – so wohnt Deutschland. Der Chancen-Check für den Wohnungsbau | PDF
Dissertation "Der unsichtbare Wohnraum" von Daniel Fuhrhop | Link
Kurzfassung von "Der unsichtbare Wohnraum" | Link